Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

194 
Die schwedischen Besatzungen, die noch im Lande verblieben, verkehrten sodann 
in friedlicher Weise mit den in den umliegenden Ortschaften befindlichen kaiserlichen 
Regimentern. Vitus Kraitzke aus dem Dorfe Latein bei Olmütz, „anietzo dienend 
Ihr. Kön. Majestät und chron Schweden auf der Burgk Fulnek vor einen Musquetier", 
heiratete am 24. Jänner 1649 ruhig in Obrau Marianne, die Tochter des In¬ 
wohners Andreas Wolf, trotzdem hier das Regiment Gonzaga lag. Peter von 
Donere, Kornett im letztgenannten Regimente, schoß am 30. August seinen Quartier¬ 
geber Urban Demel, böhm. Vogt und Bürger von Odrau, nieder und fiel dadurch 
der Grundobrigkeit in hohe Strafe. Er erklärte der Freundschaft des Verstorbenen, 
daß er den Tod willig leiden wollte, wenn sie es begehre, doch kam durch Ver¬ 
mittlung Julians de Braide, des Obrist-Leutnants im Regimente Gonzaga, ein 
gütlicher Vergleich zustande, demzufolge der Kornett der Witive des Erschossenen einen 
„gütlichen Abtrag zu thun" und der Kirche 20 fl. zu schenken hatte. (24. November 
1649. Grdb. f. 47). Die Witwe des Erschossenen heiratete im folgenden Jahre 
den Schneidergesellen Andreas Walzel. — Auch das Regiment des Obersten Simon 
Moritz von Donere lag einige Zeit hier, desgleichen das Schweidnitz'sche Reiter¬ 
regiment. Zwischen den Soldaten dieser beiden Regimenter herrschten beständig 
Streitigkeiten, die oft zu Totschlägen führten. Am 26. April 1650 begrub man den 
-Johann Weiß, Korporal von Gonzaga, der tags zuvor von Reitern des Schweidnitz'schen 
Regiments erschossen worden war. 
Die Schweden hatten damals in Mähren noch Garnisonen in Neustadt, Olmütz, 
Eulenburg, Sternberg und Fulnek liegen, woraus sich die große Menge von kaiserlichem 
Militär in Odrau und Umgebung erklärt. In Fulnek ivar Johann Swikard Sparr 
zu Greyffenbach Kommandeur der Schweden. Johann Christoph Graf von Puchheim, 
Generalfeldmarschall, Kriegs-Vize-Präsident, Sr. Majestät Geheimrat und Kämmerer, 
wurde abgeordnet, den Abzug der schwedischen Garnisonen zu leiten, worauf die Ab¬ 
dankung und Auflösung der kaiserlichen Völker erfolgen sollte. Am 8. Juli 1650 
zogen die Schweden aus Fulnek ab und da nun das Land von Feinden befreit ivar, 
so wurde über Allerhöchste Anordnung vom 24. Juli im ganzen Lande der Friede 
von der Geistlichkeit, dem Zivil und dem Militär 'gefeiert. 
Die Bewohner von Odrau, die während des dreißigjährigen Krieges von Feind 
und Freund gleichmäßig ausgesogen ivorden waren, befanden sich nach Beendigung 
desselben in der größten Rot. Viele mußten, was zahlreiche Eintragungen in das 
alte Grundbuch bestätigen, Häuser und Grundstücke um Spottpreise verkaufen, um 
nur notdürftig ihr Leben weiterfristen zu können. So finden wir 1650 verzeichnet: 
„Demnach Katarina, Merte Hornigs verlassene Wittib, bei jetziger beschwerter Zeit 
Geldes höchst bedürftig und hervorstehende 17 Thl. 12 Gr. noch nit erwarten kan, 
als hat gemelte Katarina Hornig nebst ihrem Vormund Jacob Polzer solch 
17 Thl. 12 Gr. dem jetzigen Grundsitzer Jacob Heittel um 8 Thl. Bargeld verkauft." 
Auf einem anderen Blatte finden wir: „Demnach der Hans Unger in der be¬ 
schwerten und bedrängten Zeit alles zugesetzt und eingebüßt und darbet sein Schenk¬ 
haus ganz und gar baufellig, und sich anderst nit rathen und helfen kan, verkauft 
er ein Erbe um 27 Thl. Bar geld," und so noch mehrere andere. 
In der Stadt selbst lagen 6, in der Vorstadt 10 Häuschen wüst und öde. 
Auch in den Dörfern gab es solche Wüstungen: in Petersdorf 3 Bauernhöfe, in 
Heinzendorf 1, in Wessiedel 5, in Großhermsdorf 3, in Kamitz 2. 
Hans Pleban kaufte 1651 eine wüste Stelle in der Obervorstadt. Die Wüstung 
des sei. Jakob Lamble, auf ivelcher der Markgraf ein Häuschen hatte erbauen lassen, 
verkaufte 1653 der Stadtrat, der es auf 70 Tl. geschätzt hatte, für diesen Preis 
dem Andreas Hunheiser, Leinweber. Eine andere wüste „Fletze"*) kaufte Hans Ott 
von Paul Procksch. Der Schloßmälzer und Bierbrauer Georg Münster kaufte die 
wüste Stelle, ivo vormals Martin Vietzenz ein Häusel hatte, von Andreas Kleiber. 
*) Flötz — eine ebene Fläche des Erdbodens.-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.