Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

169 
denen sich die mährischen und schlesischen anschlossen, setzten hierauf eine Regierung 
von 30 Direktoren ein, vertrieben die Jesuiten und warben Truppen,, deren Anführer 
der Graf Matthias von Thurn wurde. Die Wirren des dreißigjährigen 
Krieges, der nun losbrach, machten sich auch in Odrau bald bemerkbar, da 
Schebor Praschma mit in die Bewegung hineingezogen wurde. Kurz nach dem 
Fenstersturze beherbergte Odrau zahlreiche adelige Flüchtlinge aus Prag, so daß der 
Stadtplatz voller „Kobelwägen" stand. 
Die erste Periode des dreißigjährigen Krieges, der böhmische 
Krieg, dauerte von 1018 bis 1620. Während die kaiserlichen Feldherren Dampierre 
und Bucquoi mit den Böhmen, denen Mansfeld im Aufträge des Kurfürsten von 
der Pfalz 4000 Mann zugeführt hatte, erfolglos kämpften, starb Kaiser Matthias 
(20. März 1619). Im folgte Ferdinand II. (1619—-1637), welchem die Bürger 
und Gaßler von Odrau noch im Monate März im Rathaussaale den Eid der Treue 
leisteten. Graf Thurn belagerte nun zweimal Wien, doch vergeblich, denn die kaiser¬ 
lichen Feldherren drangen jetzt siegreich in Böhmen vor. Nichtsdestoweniger erklärten 
aber am 19. August 1619 die Direktoren Ferdinand II. der Krone von Böhmen 
für verlustig und erwählten am 27. August den Kurfürsten Friedrich V. von 
der Pfalz zum böhm. König, der als solcher am 5. November in Prag gekrönt 
wurde. Die Truppen der Aufständischen unter Mansfeld besetzten den südwestlichen 
Teil von Mähren, während die verbündeten Schlesier den nördlichen Teil bis Wei߬ 
kirchen herab innehatten. Schon im Juni hatte man in Odrau 50 Fußknechte aus- 
gehoben und im August mußten von hier nach Freiberg, wo ein Mnsterplatz war, 
allerhand Lebensmittel geliefert werden. Auch brachte man auf 20 Wägen Blessierte 
nach Odrau, welche, da kein Feldscher vorhanden ivar, von den Bürgersfrauen ver¬ 
bunden und verpflegt werden mußten, doch führt der Chronist Zimmermann nicht 
an, welcher Partei sie angehörten. Im Dezember nahmen die Troppaner Stände das 
Schloß Gräz ein, wurden aber von einem Fähnlein Reiterei und Fußvolk (Portschen 
aus der Burg Hochwald) wieder von dort vertrieben, während welcher Kämpfe der 
ganze Verkehr zwischen Odrau und Troppau gehemmt war. 
Im Jänner 1620 legten die Troppaner Stände eine Schatzung von 20 vom 
1000 auf die Stände und ihre Untertanen und schickten Johann Sedlnitzky von 
Eholtitz, Heinrich von Würben, Karl von Donat und Karl Praschma von Bilkau 
auf Wagstadt, den Bruder des Schebor, nach Brünn, um König Friedrich einzuladen, 
nach Schlesien zu kommen und die Huldigung entgegenzunehmen. Aber schon anfangs 
Februar brachen Kosaken, welche König Sigismund seinem Schwager Ferdinand l l. 
zu Hilfe schickte, aus Polen in Schlesien und Mähren ein und fingen gleich bei 
Teschen an zu sengen, zu plündern, zu rauben und zu morden. Kühe, Kälber, 
Pferde, alles nahmen sie weg und schossen und hieben die sich Widersetzenden nieder. 
„Die Tyranney ivar erschrecklich." In Mankendorf rotteten sich die Bauern zu¬ 
sammen und erschlugen 10 dieser Räuber, die vorausgeeilt waren, die aber aus 
Angst vor den Nachrückenden allsogleich verscharrt wurden. Am 5. Februar waren 
die Kosaken in Petersdorf, wo sie den Bauer Thomas Pferdt erschossen. Auch bis 
an die versperrten Tore von Odrau kamen sie, so daß am hellen Tage niemand 
aus der Straße seines Lebens sicher ivar. Zum Schutze der bedrohten Orte kamen 
bald darauf Abteilungen der von den schlesischen Ständen geworbenen Truppen 
heran und mußten dann von Odrau nach Neutitschein, wo viele Reiterei lag, große 
Mengen von Hafer, Brot, Fleisch und Branntwein gesandt iverden. 
König Friedrich, welcher Eilde Februar in BreSlaii die Huldigung der Fürsten 
und Stände Schlesiens empfangen hatte, nahm am Rückwege in Freudenthal die 
Troppaner Stände durch Handschlag in Pflicht. Im März mußten sodann der Rat 
von Odrau, die Schöppen uiid Zechmeister in Troppan erscheinen und dort dem 
König Friedrich huldigen. Den Sommer und den Winter über lagen Soldaten der 
schlesischen Stände in Odrau und Umgebung, tmb meldet die Pfarrmatrik, daß Ende 
Juni hier mehrere Soldaten von: „Troppischen Regiments" heirateten oder starben
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.