Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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langen Brücke, dem Mühlgraben und dem Helengründlein/) d. i. die an der Nord- 
seite des Friedhofes in seiner jetzigen Ausdehnung liegende, von einem kleinen Bäch¬ 
lein durchzogene Vertiefung. Er ivar aber nur ein Teil der jetzigen Friedhofpar¬ 
zelle 31, und zwar der gegen die Stadt zu liegende, an das Begräbniskirchel an¬ 
grenzende Teil. Balten Polzer sagte 1591 dem Balten Kunz einen „Garten beym 
newen Begräbnus" frei und 1594 verkauft Georg Peisker den Garten „oberhalb 
des newen Begräbnus" dem Georg Zelebrant?) 
Die protestantische Matrik nennt als Nachfolger des Peter Biltzer den Daniel 
M e n d r i c a (VH.) und den D a n i e l B u r ck (VIII.) aus Littau. Den Daniel Meudrica 
finden wir von 1608 bis 1610 in Mähr.-Weißkirchen und 1616 in Tobitschau. 
Dem Daniel Burck folgte in Odrau einer, der sich vor seiner Bestallung „vor 
dem geehrten Herrn Magister Holms" ausgewiesen hatte, daß er aus Steyr in die Ver¬ 
bannung geschickt worden sei. Da man jedoch bald daraufkam, daß er keine Weihen 
erhalten hatte, so gab ihm nach wenigen Wochen der Rat den Auftrag, die Stadt 
zu meiden. Sein Nachfolger war Michael Bernard (IX.) aus Littau, welcher 
nach der Berufung seinen Namen in „Berusnecius" änderte. Von den Genannten 
wissen wir nur, daß sie in der Zeit von 1592 bis 1610 in Odrau wirkten, nicht 
aber wann sie ihr Amt antraten und wie lange sie hier verblieben. 
Der Kaplan hatte bisher seine Entlohnung von 24 fl. schl., welche die Zinsen 
von der alten Diakon- und Kaplan-Stiftung im Betrage von 300 fl. waren, 
in regellosen Terminen erhalten. Wahrscheinlich um diese Bezüge regelmäßiger, u. zw. 
quartalsweise zu gestalten, übergab die Stadt das bei ihr verwahrte Kapital den 
acht Odrauer Zünften, worüber diese am Freitag nach Gregori 1603 eine Urkunde 
auf Pergament mit acht anhängenden Siegeln ausstellten, in welcher sie sich ver¬ 
pflichteten, jährlich 24 fl. in Vierteljahrsraten auf die Besoldung des Kaplans zu 
zinsen. Diese im Gemeindearchive hinterlegte Urkunde hat folgenden Wortlaut: 
„Allen vnd Jetzlichen Wes Wirdens Stands vnd Wesens die sein, Sey kundt 
vnd offenbar, das Wir Zechmeistern, Eltesten vnd Meistern sambtlichen Jungk vnd 
Alt in diesen Handtwergen der Schuster, Schneider, Kirsner, Fleisch¬ 
hacker, Schunde, Leinweber, Becken vnd Tuchmacher In der Stadt 
Odra mit Kristlichem Guttem Willen des Wolgebornen Hern Hern Johan Bohusch 
von Zwola vnd Golden st ein, Herrn Auff Odra, Deutschen Jaßnig vnd 
Birawa, Vnserm genedigen Erbherrn vnd mit Bedencken Aller Eltesten das B e n e- 
ficium vnd freyWillige gäbe Vnserer lieben Voreltern Zur Kirchen 
Vnd Gotteshaus Zur Vntterhaltung eines Diaconi Vnd Kaplans, 
benantlich drey hundertt gülden, den gülden zue sechsvnddreißig gr. vnd den gr. 
zu zwelf Hellern, gezelet volkomlich zu vnsern Handen, Solcher gestalt von einem 
E r s a m e n Rath Auff Acht teil Jede Zeche Acht vnd dreißigsthalben 
Gulden par auff gezelet Empfangen haben, für welches Wir Vns Sambtlich 
Verpflichten Vnd Zusagen so lang solches gelt in Vnsern Henden, Von 
einem NewJahrstag Zum andern, alle jarlichen 24 Gulden obgemelter Zal 
Vnd solches auff alle Vier quartal getestet auffs Kaplans Betonung Vnd 
Vormehrung der Summa Zu Entrichten auff das also Gottes 
Allein Seelig machendes Wortt desto Vleisiger nach Inhalt der 
Augspurgischen Confession Rein vnd Lauter Vnd nicht Anders ge- 
*) Der Name Helengründlein deutet auf alten heidnischen Kultus hin. Nach 
dem Glauben der Germanen wurden die auf dem Schlachtselde Gefallenen von den 
Walküren — dem höchsten Gotte dienende Jungfrauen — in die Walhalla geführt, 
wo sie unter den Göttern beim festlichen Mahle saßen, während die Feigen und 
nicht im Kampfe gefallenen Männer und Frauen zur Todesgöttin Hel kamen, die 
im kalten Nebel- und Schattenlande ivohnte, ivo sie einen traurigen und freudeiileeren 
Aufenthalt, doch ohne Qual und Strafe, fanden.'— a) Grdb. m, 13 ad arm., 
lind f. 25 und f. 9 ad arm.
	        
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