Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

147 
Vater, Weib und Bruder einen Vertrag schloß. Balten Walzet mußte sein Fürnehmen 
dreimal abbitten, 10 ft. bar erlegen, welche die Witwe und ihr Sohn teilten, und 
zu künftigen Georgi sollte er lvieder 4 fl. erlegen. Ferner hatte er ein Stück schwarzes 
Gewand Much) zu kaufen, dessen Kosten aus der Summe abzureiten (abzurechnen) 
waren, das an arme Leute ausgeteilt werden sollte. Sodann hatte er jährlich 4 fl. 
zu erlegen, bis die Summe von 60 fl. für den Totschlag erfüllt sein würde. Das 
gaben sie jedoch dem Rat und der ganzen Gemein anheim, damit es diese „auf 
gemeiner Stadt Besserung, Wege, Stege, Kirchen vnd Schulen" verwenden. Auf 
die Erfüllung des Vertrages wurden Bürgen und ein Pfand von 20 Schock Groschen 
gesetzt?) 
Reformation und Gegenreformation. 
Im Jahre 1517 ließ Martin Luther, geboren 1483, an die Schloßkirche 
in Wittenberg 95 Sätze (Thesen), gegen den Ablaß anschlagen, worauf ein heftiger 
Streit mit seinen Gegnern entbrannte, der in Deutschland eine ungewöhnliche Be¬ 
wegung hervorrief. Als sich Luther auch gegen die Autorität des Papstes auflehnte 
und hierauf unter der Strafe des Bannes zum Widerruf von 41 seiner als irrig 
anerkannten Sätze aufgefordert wurde, sagte er sich 1520 durch die öffentliche Ver¬ 
brennung der diesbezüglichen Billle vor den Toren von Wittenberg von der katholischen 
Kirche ganz los. Er fand zahlreiche Anhänger, welche Lutheraner genannt wurden. 
Gleichzeitig trat ein anderer Reformator, Ulrich Zwingli, und etwas später Johann 
Calvin auf, deren Ansichten, namentlich was das Abendmahl betraf, von denen 
Luthers abwichen. Ihre Anhänger erhielten die Namen : Reformierte oder Calvinisten. 
Im Jahre 1522 entstand dann noch die Sekte der Wiedertäufer, welche die Kinder¬ 
taufe als ungiltig verwarfen. 
Über Luther war 1521 die Reichsacht ausgesprochen worden. Seine Freunde 
hatten ihn jedoch auf die Wartburg in Sicherheit gebracht, wo er während seines 
zehnmonatlichen Aufenthaltes die Bibel ins Deutsche übersetzte. Der Fortgang der 
Reformation entfesselte dann den Ritterkrieg (1522—1523), in welchem Franz von 
Sickingen, ein Ahnherr eines unserer späteren Grundherren eine hervorragende 
Rolle spielte, sowie den deutschen Bauernkrieg (1524—1525), in welchem Götz von 
Berlichingen Anführer der Bauern war. 
Die Reformatoren waren in ihren Neuerungen immer weiter gegangen: sie 
hatten die Messe abgeschafft, die deutsche Sprache in den Gottesdienst eingeführt, 
die Mönchsgelübde und das Zölibat (Ehelosigkeit) der Geistlichen aufgehoben und 
von den sieben Sakramenten nur die Taufe und das Abendmahl beibehalten. Auf 
dem Reichstage zu Speier 1529 wurden den Lutheranern alle weiteren Neuerungen 
untersagt, wogegen die lutheranisch gesinnten Stände protestierten und davon den 
Namen Protestanten erhielten. Als dieselben am Reichstage zu Augsburg 1530 
ein aus 28 Artikeln bestehendes Glaubensbekenntnis, die sogenannte Augsburger Kon¬ 
fession, überreichten, wurde die Reichsacht über sie ausgesprochen, worauf die prote¬ 
stantischen Fürsten und Reichsstädte den Schmalkaldischen Bund schlossen. Da jedoch 
die Türkengefahr zur Nachgiebigkeit nötigte, so wurde 1532 auf dem Reichstage zn 
Nürnberg ein Religionsfrieden geschlossen. 
Die Reformation hatte sich in Deutschland immer weiter ausgebreitet und der 
Schmalkaldische Bund bedeutenden Zuwachs erhalten. Als die protestantischen Fürsten 
das Konzil zu Trient (1545—1563) und den Reichstag zu Nürnberg (1546) nicht 
beschickten, wurde die Reichsacht über sie ausgesprochen und es entbrannte der 
Schmalkaldische Krieg (1546—1547), vor dessen Ausbruch Luther am 18. Februar 
1546 starb. Nach der Besiegung des Schmalkaldischen Bundes war aber die Ruhe 
noch nicht hergestellt. Durch den Passauer Vertrag (1552) wurden den Protestanten 
bis zur endgiltigen Entscheidung ihrer Religionsangelegenheit völlige Religionsfreiheit 
*) Grdb. IV, f. 9 ad ann. 
10*
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.