Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

schiedenen Distrikten, für welche das Ding zusammentrat, hieß es Landding, Gau¬ 
ding (Goding), Panding (Ban oder Pan ^ Bezirk), Stadtding, Burgding. Der 
Dingplatz war in den alten Zeiten ein ehemaliger Opferplatz unter freiem Himmel, 
auf einem Hügel oder unter heiligen Bäumen. Er war mit Schranken eingefriedet 
(Schranne) oder durch Rolandssäulen gekennzeichnet. Es waren dies roh gearbeitete 
Bildsäulen von Stein oder Holz, die gewöhnlich einen geharnischten oder mantel- 
tragenden, aber barhäuptigen Mann mit einem Schwerte in der Hand darstellten. 
Sie erscheinen auch als Symbol der städtischen Freiheit, namentlich als Zeichen 
dafür, daß der betreffenden Stadt der Blutbann zustand. In Odrau befand sich der 
Dingplatz inmitten der Stadt und war von alten Linden umgeben. Dort erbaute 
man dann das Rathaus. 
Die ältere germanische Gerichtsverfassung beruhte auf dem Zusammenwirken 
der Richter, als der Organe des Königs oder der Gerichtsherren, mit Männern, die 
mit dem Richter zu Gericht saßen und als Zeugen der im Volke lebenden Rechts¬ 
gewohnheiten auf die Frage des Richters das Recht zu „weisen" hatten. Ihre Zahl 
betrug gewöhnlich sieben. Die zum Besetzen des Gerichtes verpflichteten Personen 
hießen scabini, sceppen, Schöppen, Schöffen. Die Verhandlung des Richters und 
der geschwornen Helfer oder Schöppen, die das Urteil in offener Schranne schöpften, 
hieß Taiding oder Panteiding. Taiding, zusammengezogen ans tagadinc, heißt 
eigentlich „Verhandlung bei Tag", denn bei Nacht durfte kein Gericht stattfinden. 
Später bedeutete aber dieses Wort auch die Rechte, Gesetze, Gewohnheiten u. s. w., 
nach welchen beim Gerichte entschieden wurde, die anfangs nur mündlich, später aber 
auch schriftlich bekannt waren. Unter den deutschen Rechtsdenkmälern, die über diese 
Einrichtung Aufschluß geben, find der Sachsenspiegel und die von Grimm ge¬ 
sammelten „Weistümer" die wichtigsten. 
Wegen des Dingrechtes stand die Stadt in stetem Streite mit der Herrschaft, 
welche die Teilnahme der Dorfrichter am Stadtdinge nicht zugestehen wollte, daher 
öfters landrechtliche Entscheidungen veranlaßt wurden. Johann Thomas von Zwvla 
mußte dies in die Handfeste vom Jahre 1555 aufnehmen. Punkt 7 derselben lautet: 
„Die seit alter Zeit jährlich dreimal gehaltenen Stadtdinge sollen sie auch fernerhin 
halten und die Richter der Dörfer sollen gebunden sein, an denselben teilzunehmen." 
Auch gestand er ihnen zu, daß die von seinen Beamten gehegten Dorfdinge in Hin- 
kunft am Montage, wegen des an diesem Tage stattfindenden Marktes in der 
Stadt, nicht gehalten werden sollten. Im Punkt 12 der Landrechtsentscheidung vom 
Jahre 1571 heißt es dann wieder: „Die Stadtdinge zu Odrau sollen wie von 
altersher in Gegenwart der Richter und Geschwornen der zur Herrschaft Odrau ge¬ 
hörigen Dörfer abgehalten werden und soll er an den Ding- und Markttagen die 
Untertanen nicht mit Robot beschweren." Auch über Johann Bohusch von Zwola 
mußte sich die Stadt 1604 beschweren, weil er absichtlich verlangte, daß an den 
Markt- und Dingtagen gerobotet werde, >vas gegen ihr Recht ivar. 
Bei jedem der drei Stadtdinge, die an den Donnerstagen oder Freitagen nach 
Dreikönig, Fronleichnam und Michaelis abgehalten wurden, finden wir in der Stadt¬ 
rechnung vom Jahre 1590 an Auslagen für Bier 32 Gr. eingestellt. Mit dem 
letzten Stadtding war immer eine Mahlzeit verbunden, für welche „ent,3 der gemein 
Beutel" 3 fl. verabfolgt wurden. Für 2'/2 ©eitet Branntwein wurden 6 Gr. und 
für Licht 3 Gr. gezahlt. Holz brauchte man in der Ratsstube nur drei Fuderlein im 
Jahr, welche 14 Gr. kosteten. — Dem Rat der Stadt Odrau gaben beim Stadtding 
folgende Dörfer an Wein: Mankendorf 2 Quart, Klein-Petersdorf und Heinzendorf 
2 Quart, Wessiedel 2 Quart, Dobischwald 1'/2 Quart, Lautsch 2 Quart, Jogsdors 
1 Quart, Kleinhermsdorf 1 Quart, Großhermsdorf 2 Qltart, Kamitz 2 Quart, 
Dörfel 1 Quart und Taschendorf 2 Quart, zusammen 20 Quart. 
Alle Sachen, welche im strengen Rechte (in einem eigentlichen Kriminalprozesse) 
verhandelt wurden, und deren Strafe an den Hals oder an die Hand ging, d. h. 
wegen deren die Todesstrafe oder eine verstümmelnde Strafe im Falle der Perur-
	        
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