drängt... Unter solchen Gedanken traten wir aus der Mulde heraus und sahen plötzlich in
der beginnenden Morgendämmerung etwa 100 Schritte vor uns den ersten feindlichen Schützen¬
graben. Noch ein Blick nach rechts und links rückwärts, ob alles in Ordnung ist, und unter
hundertstimmigem Hurra ist die kurze Strecke durcheilt. Bevor die überraschten Russen sich
besinnen, sind wir schon mitten unter ihnen und unsere Kolben und Bajonette erreichen sofort,
daß alle Hände sich in die Höhe strecken. So war die erste Stellung genommen, zwei kurze
Schützengräben, deren freier Zwischenraum durch einen hinken gelegenen Graben gedeckt war.
Etwa 60 Gefangene fielen in unsere Hände. Schnell einige kurze Befehle. Ein paar Mann
müssen die Gefangenen zurückschaffen und nun heißt es, wie der Blitz weiter hinan, denn
unser Sturm war natürlich nicht unbemerkt geblieben und schon ging ein Kugelregen aus der
zweiten und dritten Stellung auf uns nieder, ohne uns aber aufzuhalten und besonderen Schaden
anzurichten, denn schon hatten wir die kurze Strecke zum zweiten Graben hinterlegt und
konnten wieder etliche Dutzend Gefangene zurückschicken."
Auch die benachbarte 4. Kompagnie hatte die beiden Borstellungen rasch bezwungen.
Zu der rechts von ihr vorgehenden 2. war während des Borrückens das III. Bataillon 1er-
Kaiserjäger gestoßen, das in der Dunkelheit die Direktion verfehlt hatte und den Sturm in
der Meinung mitmachte, die Höhe 277 anzugreifen. Lt. Brunbauer überrumpelte die beiden
Maschinengewehre an der Gabelung des Hohlwegs und trug den Angriff im Berein mit den
Kaiserjägern im Räume zwischen den Hohlwegen etwa 300 Schritte vorwärts. Die Verluste
häuften sich, Brunbauer selbst wurde verwundet und weiteres Bordringen gegen die nahe
russische Hauptsiellung erwies sich als unmöglich. Mit Benützung der genommenen Gräben
setzte sich die Gruppe, durch die 3. Kompagnie und die Maschinengewehre des Oblt. Bruno
Demoulin verstärkt, zum stehenden Feuerkampf fest.
Der Bericht des Lt. Dr. Stadlmann setzt fort: „Etwa 230 Schritte vor uns lag der dritte
Graben zu oberst auf der Höhe,- ganz deutlich konnten wir die Köpfe der Russen darinnen
ausnehmen, die darauf warteten, daß wir näher herankämen." Den Anstoß zum weiteren
Borstürmen dürfte Kdt. Schwanke gegeben haben, der sich in diesem Kampfe die Goldene
Tapferkeitsmedaille errang. Wie Lt. Dr. Stadlmann bemerkt, ging es nach ganz kurzem
Aufenthalt zum Sturm. Er erzählt- „Wir waren auch schon ganz nahe heran, als plötzlich
das Unwetter über uns hereinbrach: Maschinengewehr- und Infanteriefeuer setzte von vorn
und von der Flanke ein, dazu schweres Artilleriefeuer von hinten, weil die eigene Artillerie
uns für Moskali hielt. Mein linker Flügelzug war samt seinem Kommandanten Lt. Krenn-
mayr einfach weggefegt. Was etwa durch die erste Lage nur betäubt war, fiel dem sofort auf
dasselbe Ziel einsetzenden Schrapnellfeuer zum Opfer. So wie sie vorgegangen waren, lagen
sie in Schwarmlinie dort) im Leben fröhliche und brave Kameraden, zu jeder kühnen Tat
bereit, waren sie jetzt still und stumm ein Spielball für die eigenen schweren Granaten... Bon
etwa 20 Mann waren bloß zwei nur so verwundet, daß sie von dieser Unglücksstätte weg¬
kriechen konnten, der eine gegen die eigene Linie, von wo er zum Hilfsplatz geschafft wurde,
aber bald starb, der andere in seiner Berzweiflung gegen die nahe russische Stellung, wo ihn
die Feinde in Empfang nahmen. Wer es war, ob er am Leben blieb, ist in Dunkel gehüllt.. <"
Kdt. Schwanke kam bis in die dritte Stellung, sah sich einer Menge Feinde gegenüber,
um sich geschart aber nur zehn seiner Leute. Da gab es keine andere Wahl als Rückzug in die
zweite Stellung, der dank der Berblüffung des Feindes über die Kühnheit des kleinen Häuf¬
leins ohne Berlust gelang. Zgsf. Josef Kellner und Friedrich Brunn sowie Gfrt. Josef Linder,
der hiebe! verwundet wurde, taten sich durch besondere Kühnheit hervor.
Auch Lt. Stadlmann sah seine 1. auf etwa 25 Mann zusammengeschmolzen, mit denen
er, im freien Felde schießend vor der feindlichen Stellung liegend, dem sicheren Untergang
geweiht war, wenn er nicht in die Deckung des zweiten Grabens zurückwich. Unter Mitnahme
der Verwundeten ging es dahin, um ihn im Berein mit der 4. zu besetzen.
Für das II. Bataillon war es eine harte Zumutung, den Angriff mit dem Erklettern
der 2 m hohen, steilen Wand des Hohlweges einzuleiten und dann gleich den erforderlichen
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