Volltext: Geschichte des salzburgisch-oberösterreichischen K.u.k. Infanterie-Regiments Erzherzog Rainer Nr. 59 für den Zeitraum des Weltkrieges 1914 - 1918

den Angriffes. Er befahl die 3. Kompagnie und die Maschinengewehrabteilung zur Verstär¬ 
kung der Feuerlinie vor. Das Vorgehen im schwer bombardierten Wald und das Festsetzen in 
der auch von Infanterie heftig beschossenen Stellung forderte Opfer. Oblt. des Ruhestandes 
Anderle, der sich trotz seinen fünfzig Lebensjahren freiwillig zum Frontdienste gemeldet hatte, 
wurde in den Bauch getroffen und starb noch am selben Tage. Zgss. Schwerdtl und Gsrt. Franz 
Kriechhammer bargen ihn gemeinsam mit dem Off.-Diener Rupert Gstalter im heftigsten Feuer, 
nachdem schon zwei Leute beim Versuch der Hilfeleistung getötet worden waren. Der tapfere 
Fhnr. Ratsay erhielt einen Schenkelschuß. Lt. Hennigs, nunmehr wieder Kompagniekomman- 
dank, ließ sofort Traversen zum Schutz gegen das besonders fühlbare Flankenfeuer vom Meier- 
Hof her errichten und die Deckungen wegen der vielen schweren Granaten — schwarze Tanten 
genannt — verstärken. Dies hatte Erfolg, denn nun ergaben sich nur noch zwei Verwundete. 
Fldw. Eybl, Zgss. Franz Auer (verwundet), Johann Deisenberger und Franz Morwind, Inf. 
Georg Binderbauer und Alois Hallwirth taten sich bei diesem Anlaß besonders hervor. 
Mjr. Eckhel meldete die schwere Bedrohung und die Gefahr, daß seine Gruppe an die 
Eisenbahn zurückgehen müßte, wenn nicht Verstärkung käme, dem Regimentskommando, wor¬ 
auf Obst. Fischer die Gruppe bei Podwolina anwies, die dortigen Teile des I. Bataillons, die 
Iägerkompagnie WitteK und alle nicht zum Bataillon 77er gehörenden, inzwischen dort gesam¬ 
melten Versprengten des X. Korps als Reserve in den Wald zu verschieben. 
Der Zug Hinterberger der 2. lag noch immer vor den Baumgruppen und konnte bei 
Hellem Tageslicht ebensowenig wie die Teile des IV. Bataillons in Wolina den Rückzug durch¬ 
führen. Anscheinend hatten sich auch zwei andere Züge der 2. irgendwo im Gelände vor dem 
Eisenbahndamm festgesetzt und waren in der gleichen Lage, so daß von Podwolina nur drei 
Züge der 1. und einer der 2. mit den Kaiserjägern in den Wald vorgehen konnten. Bataillons¬ 
kommandant Hptm. Melzer wurde hiebet verwundet. Es war nahe an 5 Ilhr nachmittags, bis 
diese Berstärkung vollständig gesammelt war. Der befürchtete Angriff hatte nicht stattgefunden. 
Der Kommandant der 47. Brigade bei Risko, GM. Felix Unschuld v. Melasfeld, war 
in Unkenntnis der Lage bei Wolina begreiflicherweise sehr ungeduldig, daß es mit der Ber¬ 
treibung des Feindes nicht flotter ging. Sie hätte doch schon in der Rächt vollzogen sein sollen. 
Er trieb am frühen Morgen die 28er in Raclawice zum Angriff an. Auch diesen versperrte ein 
stark befestigter Meierhof den Weg zum San. Gegen diesen wurde deshalb ein Borstoß ein¬ 
geleitet, an dem auch die 10. Kompagnie teilnehmen mußte. Der Meierhof lag 600 Schritte 
vom Ort entfernt auf einer sanft ansteigenden Anhöhe, an deren Fuß sich ebenes Sumpfland 
ausdehnte. Ungefähr 70 Schritte vor dem Meierhof lief ein Damm von etwa 50 cm Höhe gegen 
Risko, der in friedlichen Zeiten als Trasse einer Rollbahn diente. Dieser sich als günstige 
Sturmstellung bietende Damm sollte zunächst erreicht werden. So vorsichtig die Schwärm- 
linie im Nebel vorrückte, wurde sie bereits mit Feuer begrüßt, als sie die letzten Bäume am 
Ortsrande noch nicht verlassen hatte. Bald krachte es nicht nur vom Meierhof her aus Ge¬ 
wehren und Maschinengewehren in unablässiger Folge, sondern auch von den terrassenförmig 
sich aufbauenden russischen Stellungen am jenseitigen San-User, und die Artillerie säumte nicht, 
ihre Schrapnells über das Angriffsgelände zu ergießen. Mühsam arbeiteten sich die Angreifer 
durch das hohe Riedgras, immer wieder in den weichen Boden einsinkend. 3n kleinen Gruppen, 
oft einzeln in unregelmäßigen Sprüngen, wurde Raum gewonnen, nicht ohne große Opfer. So 
verlor StFldw. Schott von seiner am rechten Flügel vorrückenden Halbkompagnie unter an¬ 
deren die Zgsf. Auer, Leitinger und Reßl schon in dieser Phase. Endlich kam man atemlos und 
schweißgebadet zum Damme, mutzte aber entdecken, daß längs diesem ein Bach floß, in den 
man sich hineinwerfen mußte, um die Deckung auszunützen. Der Feuerkampf wurde aufge¬ 
nommen, doch bot der Feind nur selten Ziele. Man konnte wahrnehmen, daß ein Gewirr 
von Laufgräben vom San zum Meierhof führte, die den Reserven ein gedecktes Herankommen 
erleichterten. Ein Sturm auf das solide und durch Befestigungen verstärkte Objekt war aus¬ 
sichtslos, solang es die Artillerie nicht gründlich unter Feuer genommen hatte. Zurück durfte 
man bei hellem Tage nicht, weil dies die Vernichtung bedeutet hätte. Man war also in eine 
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