Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

ebenfalls weggelassen werden. Damit sind noch die beiden Kelche, der 
des Tassilo und der des Grimfredus übrig. 
Die Bedeutung der zweckentsprechenden Anlage des Tassilokel- 
ches ist oben hinreichend gezeigt worden. Er besitzt aber auch einen 
großen Nachteil. Seine innere Kuppa ist wiederholt eingeschmolzen und 
wieder neu gebildet worden. Dabei dürfte sie, wie schon an ihrem Ring 
nachgewiesen wurde, auch sonst noch kleine Veränderungen erlitten 
haben. Spätere Untersuchungen (S. 63 ff) werden beispielsweise zeigen, 
daß dabei auch der Rand über dem Ring im Verhältnis um etwa 8 mm 
zu hoch genommen wurde. Von besonderer Bedeutung ist es daher, daß 
der Grimfreduskelch in seiner ganzen Ursprünglichkeit auf uns gekom- 
men ist. Ihm muß also bei der Behandlung der Frage eine eingehendere 
Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dazu leistet die vorzügliche Wieder- 
gabe des Kelches im Pantheon durch Otto von Falke (Abb. 2. S. 138) 
ausgezeichnete Dienste [13]. Der Nodus des Grimfreduskelches ist für 
ein gefahrloses Handhaben des hl. Gefäßes gut ausgebildet. Er wird oben 
und unten von einem festsitzenden kleinen Perlenkranz abgeschlossen, 
was die Sicherheit beim Halten wesentlich erhöht. Das Silberband in der 
Mitte des Nodus zwängt sich dabei zwischen Mittel- und Ringfinger und 
bildet so eine neue Stütze. Auf diese Weise ist am Nodus alles getan, um 
dem Priester beim Austeilen des hl. Sakramentes mit dem schweren Kelch 
Sicherheit zu bieten. Der Nodus des Tassilokelches weist demgegenüber 
insofern einen Fortschritt auf, als bei ihm der starke, bewegliche Ring 
zum Drehen des Kelches eingefügt ist. 
Von ganz besonderem Interesse, weil sonst nirgends zu sehen, 
ist die zweckentsprechende Anlage der Kuppa des Grimfreduskelches. 
Über ihrem silbernen Inschriftband, das weder nach oben noch‘ nach 
unten eine stab- oder. perlenkranzartige Abgrenzung aufweist, die beim 
Trinken stören könnte, bildet sie durch schwache Erweiterung ihrer 
oberen Randpartie eine Art Hohlkehle, in welche ein Silberband mit 
oben leicht aufgewelltem Rand eingelegt zu sein scheint. Ausladung und 
Hohlkehle mit Silberband weisen so unmittelbar auf den Gebrauch zum 
Nippen am „Kelch des Herrn‘ hin, daß über den Sinn der Anlage gar 
kein Zweifel sein kann. So stellt der Grimfreduskelch gegenwärtig wohl 
den Höhepunkt in der liturgischen Zweckmäßigkeit der fünf Kelche dar. 
Die Beschaffenheit seiner Kuppaform dürfte einen Hinweis darauf. g€- 
statten, daß bei der jetzigen Kuppa des Tassilokelches die Barockzeit 
nicht nur auf deren Ring in ihrem Sinn umgestaltend gewirkt, sondern 
auch die oberste Partie derselben in die gegenwärtige weiche, blumen- 
kelchartige Form gegossen und dabei höher genommen hat.‘ Man kann 
sich gut vorstellen, es habe die innere Kuppa des Tassilokelches ur- 
sprünglich eine ebenso strenge, als zweckentsprechende Form gehabt, 
wie sie die des Grimfreduskelches heute noch besitzt. Dabei darf jedoch 
nicht übersehen werden, daß der Meister des Tassilokelches in sein 
liturgisches Gefäß eine eigene silbern vergoldete Kuppa einbaute, um so 
das kostbarste Metall für die unmittelbare Aufbewahrung und Spendung 
des hl. Blutes zu verwenden, ein Vorzug, der einen neuen Fortschritt 
gegenüber dem Grimfreduskelch darstellt, der hoch zu werten ist, der 
Kuppa aber zum Verhängnis wurde, 
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