Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

haben, sonst wäre ihm das Fehlen des abschließenden Silberstreifens 
wohl klar geworden. Die kleine Abschrägung am. inneren Rand der 
äußeren Kuppa wurde nicht abgeschliffen, sondern abgefeilt, wie die 
Spuren deutlich zeigen. Es geschah, weil die innere Kuppa so schlecht 
paßte . . . Selbst Bock, dem bei seinem Besuch in Kremsmünster (1857) 
natürlich der Kelch ohne Einsatz gezeigt und dann auch so nach Wien 
geschickt wurde, kommt, freilich von anderen Voraussetzungen ausge- 
hend, zur Annahme eines eigenen Einsatzes. Er sagt (S. 12): „Auch war 
die innere Trinkschale ehemals nicht ausgeglättet, sondern sie stellt‘ sich 
im Innern sehr porös und uneben dar, wie sie eben unter dem Ham- 
mer (?) des Goldschmiedes hervorgegangen ist. Da auf diese Weise viele 
Unebenheiten und Vertiefungen entstehen und also die vorgeschriebenen 
Reinigungen der. inneren Trinkschale (== der Trinkschale im Innern) mit 
dem Corporale nach Empfang des Sakramentes nicht vorschriftsmäßig 
vorgenommen werden konnte, so folgern wir einfach daraus, daß die 
Kuppa früher noch mit einem platten Einsatz versehen wurde, gewöhn- 
lich ein silberne, vergoldete Schale, aus welcher dann, in die Kuppa 
eingeschoben und befestigt, das sacrificium gefeiert werden konnte.“ 
Nach dem Gesagten hat also der Tassilokelch von Anfang eine 
innere Kuppa gehabt. Sie gehört wesentlich zu ihm. 
2. „Stifterbecher“ oder „Tassilokelch“ 
Das will sagen: war der Kelch in profaner oder sakraler Verwen- 
dung. Die erstere Ansicht stützt sich auf Bernhardus Noricus, der in 
dem schon zitierten Abschnitt (MG. SS. 25, 643) „De monachicis insti- 
tutis‘“ die Ansicht äußert, Tassilo habe dem Kloster Kremsmünster ein 
Gefäß (eben den Tassilokelch) hinterlassen in der Art von jenem, das 
Karl dem Großen vom Abt Theodemar von Monte Cassino mit einem 
Brief geschickt worden war, und „ut credimus‘“ (wie wir meinen) eine 
Hemina fasse und bis auf den heutigen Tag noch im „sacrarium“‘, (einem 
Nebenraum der Kirche gleich unserer heutigen Sakristei) aufbewahrt 
werde. Karl der Große war ein warmer Freund der Benediktiner und 
wollte deren Regel nach der ursprünglichen Observanz, wie sie im 
Mutterkloster des Ordens, in Monte Cassino, beobachtet wurde, womög- 
lich in allen Klöstern seines Reiches durchgeführt wissen. Deswegen 
schrieb er an Theodemar und bat um den Urtext der heiligen Regel und 
Mitteilung der dort bestehenden Gebräuche. Dieser antwortete dem Kai- 
ser ausführlich [8], er schicke ihm nicht nur eine Abschrift.der heiligen 
Regel aus dem vom hl. Benedikt. selbst geschriebenen Kodex, sondern 
auch die Hymnen, die nach der Anordnung des hl. Benedikt in Monte 
Cassino gesungen werden; auch das_Gewicht für das Brot der Brüder, 
nachgemacht dem in Monte Cassino gebräuchlichen. „Wir .haben ‚auch 
das Maß des Getränkes, welches zu Mittag, und ein anderes, welches 
den Brüdern zur Abendzeit gereicht werden muß, gesandt. Diese beiden 
Maße hielten unsere Vorfahren für das Maß der Hermina“. Der Abt 
schickte also zwei Gefäße, deren Inhalt zusammen nach. alter Überlie- 
ferung eine Hemina, das Maß des Getränkes für die Mönche nach der 
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