Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

hannes Baptista auf dem Kelch kann also in der strittigen Frage kaum 
in die Wagschale fallen. ' 
Nach der Verteilung der Fußbilder in Bezug auf das Inschriftband, 
also auf dessen Einteilung in eine Männerseite und eine Frauenseite. 
steht. Johannes Baptista links von Theodor Megalomartyrer, Tassilos 
Hauptpatron. Er muß also als zweiter Patron des Herzogs und seines 
Hauses aufgefaßt werden. Ebenso steht die PT-Heilige zur Linken der 
Hauptpatronin der Frauenseite und ist daher als zweite Patronin Liut- 
pirgas und des langobardischen Königshauses. zu betrachten. 
Die Forschung steht hier vor Tatsachen, deren volle Klärung wohl 
noch manche Schwierigkeiten bereiten dürfte, Außergewöhnliche Kennt- 
nisse der Ikonographie der damaligen Zeit könnte vielleicht Licht in 
manches Dunkel. bringen. 
VI. KAPITEL 
Der Zweck des Kelches 
ı. Die innere Kuppa. 
In der Form, in welcher der Tassilokelch bisher abgebildet wurde, 
ist er nie in Verwendung gewesen. Ein Kupfergefäß ohne innere Ver- 
kleidung durch Edelmetall kann für säurehältige Flüssigkeit nicht ge- 
braucht werden. Das Innere des Kelches war weder vergoldet, noch 
versilbert, noch sonstwie gegen Grünspan gesichert. Das rohe Kupfer 
tritt auf der ganzen Fläche zutage. Die verhältnismäßig geringen Gold- 
spuren im oberen Teil der Kuppa beweisen nichts, wie schon gesagt 
wurde. Soll also der Tassilokelch ein bloßes Schaustück gewesen sein? 
Das wird wohl niemand zu behaupten wagen. 
Ein Beweis. dagegen ist schon die Art der äußeren Ausstattung, 
wie die vorausgehenden Kapitel darlegten; dann die starke Abnützung 
des Gefäßes, die trotz des Alters nicht erklärlich wäre, und die ganze 
Überlieferung des Stiftes Kremsmünster. So spricht „Bernardus Noricus‘“ 
(= Berthold von Kremsmünster) schon um 1300: in dem Kapitel „De 
monachicis institutis‘‘, seiner Geschichte Kremsmünsters (MG. SS. 25, 
643), von der Verwendung des Kelches als Weinmaß (hemina) für die 
Mönche. Freilich hat er sich dabei über die Verwendungsart getäuscht, 
wie noch gezeigt werden soll. Aber es beweist doch, daß man schon da- 
mals den Kelch nicht als reines Schaustück betrachtet hat. Wenn dem 
so ist, dann bleibt nur übrig, daß der Kelch von Anfang an irgend einen 
Einsatz gehabt haben muß, also nur Ständer, äußere Schale für den 
eigentlichen Flüssigkeitsbehälter war. Die Eintragung des Tassilokelches 
in das Sigmar-Inventar, das aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts 
stammt und von dem bald die Rede sein wird, kann ohne Annahme 
eines eigenen Kelcheinsatzes aus Silber und vergoldet wohl nicht: ver- 
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