Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

meus Theoto, anno etiam ducatui eius primo . . .‘“). Es ist mehr als wahr- 
scheinlich, daß die Weihe der Klosterkirche am 9. November, dem Fest- 
tage des hl. Theodor und dem Namenstage des Herzogsohnes ge- 
schehen ist. 
4. Die große Verehrung des hl. Theodors in der damaligen Zeit. 
Auch stand der „Soldat‘“ und „Heerführer‘‘ und „Patron der Soldaten” 
dem Herzog sicher nahe. VA 
Es dürfte demnach unter dem TM-Heiligen des Tassilokelches wohl 
am ehesten der hl. Theodor, der Megalomartyrer zu verstehen sein. 
Bei der Beurteilung des vierten Bildes liegt vor allem die Frage 
vor, stellt es einen Mann oder eine: Frau dar. Die Figur besitzt ein mehr 
ovales, jugendliches und eher volles Gesicht, das keine männlichen 
Züge aufweist. Ein Vergleich mit den beiden Männerbildnissen wird 
diese Überzeugung erhärten. Das Haar- ist in der Mitte gescheitelt und 
fällt lang hinter der rechten Schulter hinunter. In diesem Sinn ist das 
Bild ein Gegenstück zur Marienfigur, bei der reichliches Haar über die 
linke Schulter geführt ist. In beiden Fällen schneidet der Heiligenschein 
auf der betreffenden Stelle nicht durch, sodaß das Herabfallen des 
langen Haares deutlich zum ‚Ausdruck gebracht werden kann. Auch 
Johannes Baptista hat das Haar in der Mitte gescheitelt. Aber bei ihm 
reicht es nur bis zum Halsabschluß. unter den Ohren. Der Heiligenschein 
geht ungebrochen durch. Von den Ohren sieht man bei den PT- und 
MT-Figuren nur ganz schwach unten und oben die letzten Ausläufer der 
Muschel, die durch ein leichtgebogenes Strichlein angedeutet ist. Auch 
bei Johannes werden die Ohren durch die Haare verdeckt. Die freien 
Teile sind aber so eingerollt, daß sie auffallend an die Ohrenform bei 
dem hl. Theodor erinnern. Das alles führt zur Überzeugung, daß der 
Künstler eine Frauensperson darstellen wollte. 
Eine Beobachtung am Inschriftband kann die Ansicht unterstützen. 
Stellt man den Tassilokelch so, daß das Heilandbildnis in der Mitte ist, 
so steht rechts der Hauptpatron Theodor und links der hl. Johannes 
Baptista. Es ist die „Männerseite‘, Dreht man den Kelch um 180°, also 
auf die „Frauenseite‘, So hat man rechts die Hauptpatronin Maria und 
links die PT-Heilige. Das ist kein Zufall, sondern beabsichtigt. Von dem 
Wort FORTIS sind die Buchstaben OR und von dem Wort REGALIS die 
Buchstaben GA. besonders eng aneinandergedrängt, wie schon gesagt 
wurde. Der Grund dafür wird sofort :begreiflich sein. Stellt man den 
Kelch nach der „Männerseite‘‘, So sind rechts von dem Wort FORTIS 
die Buchstaben OR und links von dem Worte REGALIS die Buchsta- 
ben GA nicht mehr zu sehen, wohl aber von REGALIS die Buchstaben 
LIS sehr deutlich. Nimmt man die „Frauenseite‘, so sind vom Worte 
REGALIS wieder die Buchstaben GA und von FORTIS OR nicht zu 
sehen, wohl aber von FORTIS die Buchstaben TIS. Man sieht also, daß 
der Künstler mit dieser Aufstellung gerechnet hat [5]. 
Die PT-Figur hat die ‚offene rechte Hand auf die Brust gelegt. 
Zwischen Daumen und Zeigefinger strebt ein leichtgebogener Stab über 
die rechte Schulter hinweg seitwärts. Der Künstler konnte ihn nicht ge- 
rade führen, weil sonst für den Buchstaben P mit seinem Kürzungs- 
zeichen kein Platz gewesen wäre. Um das‘ Ende des Stabes sind drei 
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