Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

jedoch nur dann Wert, wenn zugleich mit ihr der Name des Herrschers 
angeführt ist, der es ermöglicht, die Fünfzehnerreihe zeitlich zu fixieren. 
Zur Jahreszahl 777 gelangen wir auch bei Untersuchung der zwei- 
ten, im Stiftbrief enthaltenen Zeitangabe „ANNO ducatus mei XXX“. 
Als Herzog Odilo am 18. Jänner 748, hochverdient um die Kirche Bay- 
erns und das Wohl seines Volkes, aus diesem Leben schied, *) stand 
Tassilo III. im siebten Lebensjahr. Seine Mutter Hiltrud übernahm die 
Regierung unter der Obervormundschaft ihres königlichen Bruders 
Pipin. Im Alter von 37 Jahren gründete Tassilo das Stift Kremsmünster, 
mit 48 Jahren wurde er auf dem Reichstag zu Ingelheim (788) abgesetzt 
und mußte 794 zu Frankfurt nochmals auf alle seine Rechte Verzicht 
leisten. **) Er starb am 11. Dezember eines unbekannten Jahres als 
Mönch von Lorsch bei Worms. Ein altes Distichon sagt von seinem 
Leben und Tod: 
Tassilo dux primum, post rex, monachus sed ad. imum 
Idibus in ternis ?®) decesserat iste Decembris. 
Da am 18. Jänner 748 das erste Regierungsjahr Tassilos seinen Anfang 
nahm, reicht das dreißigste vom 18. Jänner 777 bis zum 18. Jänner 778. 
Zusammengestellt mit der Indictio, begrenzt sich die Zeit der Gründung 
unseres Stiftes auf die Zeit vom 1. September 777 bis 17. Jänner 778. 
Die beiden ersten Jännerwochen kommen wegen der Ungunst der 
Jahreszeit wohl nicht in Frage. Denn wenn auch an festen Plätzen selbst 
in den Wochen größter Kälte Synoden und Versammlungen nichts 
Außergewöhnliches sind, so begegnete doch die Einberufung einer-so 
ilustren Versammlung, wie sie sich an unserem Stiftungstag zutiefst 
im herzoglichen Wald einfand, großen Schwierigkeiten. Da es sich aber 
um eine Klostergründung handelte, welche von jenem Tag an das 
Gotteslob und monastische Leben führen sollte, mußte dafür gesorgt 
sein, daß der Neubau noch vor Einbruch des Winters bewohnbar war. 
Aus dem Wortlaut des Stiftbriefes geht klar hervor, daß die Gründungs- 
urkunde ausgestellt wurde, als der Bau bereits fertig. dastand (mona- 
sterilum constr uxi) und daß bei dieser Gelegenheit die Kirchweihe 
vollzogen wurde: (in. dedicacionetradidi quod potui). 
Vor Einbruch des Winters? Aber im dreißigsten Jahr des Herzogs 
und in der ersten Indiktion? Dafür kommt nur der Oktober und No- 
vember in Frage. Wenn die Gründungsurkunde nun einen weiteren 
Hinweis enthielte? Tatsächlich läßt sich das Gründungsdatum, wenig- 
stens. mit Hilfe eines Analogieschlusses, noch genauer umschreiben und 
begrenzen, ja bis auf den Tag feststellen! Den Anhaltspunkt für die 
Untersuchung bietet die Weihebestimmun g des Münsters: mona- 
sterium construxi iuxta fluenta nuncupante Chremsa in honore 
sSanctıSalvatoris. 
EL 
53 MG Neecr III 204; Necr IV. 30, 201. 
7”) MG leg sII t I 166, — Über das Verbannungskloster handelt R. Bauer- 
reiß: Wo ist das Grab Tassilos III.? (StudMittOSB 1931, 92). Vgl. dazu: M. Heu- 
wieser, Ztschr, f. bayr. Landesgesch. 1936, S. 412416.  — Bauerreiß, Nochmals 
das Grab Tassilos III. in Passau. (StudMittOSB 1937, S. 329). . a 
“) Idibus in ternis = tertio Idus Decembres — 11. Dezember. 
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