Volltext: Das Land ob der Enns

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II. Die Baiern. 
velt, Krems in Kremsmünster, Rantesdorf in Ranshofen, Matucgou in 
Mattighofen, wieder andere spurlos verschwinden, z. B. Ostarperhtesdorf, 
Starcholfesdorf, Adalpoltestorf, die noch niemand befriedigend identi 
fiziert hat, so muß man angesichts solcher Beweglichkeit fragen, ob nicht 
die in agilolfingischer und karolingischer Zeit in den Urkunden auf 
tretenden deutschen Ortsnamen teilweise schon Ersatz für ältere sind. 
Das wird auch so sein. 
Es gibt also keine Beweise für die Annahme, daß die Gebiete öst 
lich vom Inn bis zur Enns erst vom heutigen Bayern aus besiedelt worden 
seien. 
Wie steht es nun mit der gegenteiligen Ansicht? Man hat beobachtet, 
daß das Netz der Patronymica auf -ing 1 ), die zum größten Teile der 
Zeit der Einwanderung und der ersten Besiedlung angehören sollen, 
östlich vom Inn außerordentlich dicht, westlich vom Inn und noch mehr 
westlich von der Isar aber weitmaschiger wird, abgesehen von einigen 
besonders guten Getreidelagen. Darum nehmen die Historiker heute an, 
die Einwanderung der Baiern habe sich von Böhmen her nach dem Süden, 
die Ausbreitung vom Osten nach dem Westen vollzogen * 2 ). 
Diese Auffassung beruht auf einer Bilanz der ing-Namen von der 
Art, wie sie die in den Beiträgen zur Anthropologie und Urgeschichte 
Bayerns 1905 und in der Niederbayerischen Monatsschrift 1913 ver 
öffentlichten Karten zeigen, nämlich auf einer Bilanz, die echt und un 
echt nicht scheidet. 
Nun stehen aber die Dinge so: von insgesamt rund 1700 ing-Namen 
in Oberösterreich sind 445 echt, d. h. wirkliche Patronymica, 180 zweifel 
haft Wenn wir annehmen, daß von den zweifelhaften etwa die Hälfte 
noch durch urkundliche Belege sich als echt erweisen ließe, so stünden 
dann etwa 530 echte rund 1170 unechten gegenüber. 
In ähnlicher Weise müßte das Zahlenverhältnis links vom Inn 
ermittelt werden, erst dann könnte sich entscheiden, ob dem aus der 
Dichte der ing-Namen geschöpften Argument eine Bedeutung zukommt. 
So scheint es. Eine nähere Untersuchung des ,echten' Materials aber 
bringt den ganzen Bau ins Wanken. Von den 530 anscheinend echten 
Patronymica sind nämlich fast alle erst in Urkunden der zweiten Koloni 
sationsperiode und später bezeugt und zu einem großen Teile dürften 
es gar keine ursprünglichen Patronymica sein. Wenn man sieht, wie 
sie in den Urkunden mitunter neben Dativformen stehen, also Eolvin 
neben Eholvingen, Adelberin neben Odelbering, Rechin neben Rechingen, 
x ) Älter -ingum, -ingon. Die bis ins 9. Jahrh. vorkommenden -ingas, -inga 
hielt Kögel in ZfdA. 28, 110 ff. für sonst erloschene westgerm. Lokative Plur. 
Dazu ist zu bemerken, daß die Formen auf -inga wohl nur Latinisierungen sind, 
wie -hova, -ara statt -hovun, -aron. 
2 ) Vgl. M. Doeberl, Entwicklungsgeschichte Bayerns I 2 , München 1908, 
S. 6; Riezler, Geschichte Baierns I, Gotha 1878, S. 47; J. Strnadt, die Geburt 
des Landes ob der Enns, Linz 1886, und Historischer Schulatlas von Ober 
österreich und Salzburg, Wien 1907; Kämmel, Die Anfänge deutschen Lebens 
in Österreich, Leipzig 1879, S. 126 und J. Wimmer, Gesch. des deutschen 
Bodens, Halle 1905, S. 34 f.
	        
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