Volltext: Das Land ob der Enns

II. Die Baiern. 
Die zuerst von Zeuß vertretene Ansicht, Wonach die Baiern die 
alten Markomannen sind, wird heute für völlig gesichert gehalten 1 ). 
Aber Müllenhoff hatte behauptet, die Baiern stammten von den Ostsee 
völkern, den Herulern und Rügen, ab, die mit den Skiren die seit 406 n. Chr. 
verödeten Sitze der Quaden und Markomannen in Besitz genommen 
hätten * 2 ). Dagegen wendet Much ein, die genannten Stämme träten 
allerdings auch in der Donaugegend auf, aber nicht an derselben Stelle, 
ja nicht einmal in der Nachbarschaft der Baiern 3 ), auch ließe sich das 
Verschwinden eines so großen Volksstammes wie die Markomannen nicht 
erklären 4 ). 
Beachtung verdient folgende Tatsache. Im Mauttarif von Raffel 
stetten (ca. 904) werden die Bezeichnungen Rugi und Baemanni (Böhmen) 
synonym gebraucht und die böhmische Mühel, ein in Böhmen entsprin 
gender Quellfluß der oberösterreichischen Mühel, wird noch in Urkunden 
des 13. Jahrh. 5 ) die riu^ische, bzw. reusche aus *reu^ische und rousche 6 ) 
aus *rou^ische, *rü^ische, genannt. Dieses riu^isch ist nämlich ebenfalls 
mit Rugi in Verbindung zu bringen. Zu lat. Rugii 7 ) — das ii ist Zwischen 
stufe von ei zu I — muß ein späteres *Rujii > Rü^i, Riu^i gestellt werden, 
das offenbar in slawischem Munde den Reibelaut entwickelt hat. 
Diese Gleichungen Rugi = Baemanni, rugisch = böhmisch kann 
man aber kaum als Erinnerung an jene Zeit auffassen, da Böhmen das 
Rugiland gewesen wäre, also für Müllenhoffs Anschauung in Anspruch 
*) Vgl. R. Much, Deutsche Stammeskunde, Leipzig 1905, S. 111—113, 
und in Hoops’ Reallexikon der germ. Altertumskunde I, Straßburg 1911, S. 136. 
Ähnlich schon Jung, Römer und Romanen in den Donauländern, S. 212 f. 
2 ) Zs. f. deutsches Altertum XI, 286. 
3 ) Rugiland war das Gebiet im Norden der niederösterr. Donau. Vgl. 
Kämmel 123, 318. 
4 ) Auffallend ist, daß nach Isidors Origines die Franken auch Marko 
mannen hießen, nach anderen Schriftstellern die Markomannen auch Franken, 
was nicht dasselbe ist. Dieses Verhältnis bedarf noch der Aufklärung. 
5 ) Oö. UB. III, n. 4, 245 (13. Jahrh.). Das Viczissenmuhelen (Akk.) bei 
Stülz, Gesch. d. Stiftes St. Florian, S. 255, ist verderbt aus riuzischen Muhilen, 
wie eine Vergleichung mit dem Text des UB. ergibt und schon Strnadt, Velden 
102, Anm. 7, erkannt hat. 
®) Mit ,rauschen 4 , wie Hackel, Besiedelung des Mühlviertels, S. 17, und 
Strnadt, Das Land im Norden der Donau (Archiv f. österr. Gesch., 94. Bd.), 
S. 91, meinen, hat das Wort natürlich nichts zu tun. 
7 ) So bei Tacitus. Die jüngeren Schriftsteller überliefern bereits Rugi.
	        
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