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III. Die Slawen.
damit zu rechnen, daß gewisse Heilige, deren Kultus in der ältesten
Zeit den Slawen eigen war, nach und nach sozusagen Mode wurden,
also auch in Orten auf treten, wo nur deutsche und zwar baie rische Sied
lung in Frage kommen kann.
Daß es unter den zugewanderten Slawen auch eine höhere Schicht
gab,, ersehen wir schon aus dem Stiftbrief von Kremsmünster (777),
der von einem Zupan und actores spricht. Darauf deuten aber auch die
von slaw. Personennamen gebildeten Ortsnamen, z. B. Blasberg, urk.
Plavantsperg, Freesdorf, urk. Fratrezendorf, Fischlham von Physso,
Lassersdorf von Ladislaus, Pröselsdorf von Primislaus = Przemysl,
Schleißheim von Slagast, Tafersheim von Dabrez, Ouliupesburc von
Ouliup, Sitzersdorf von Suzliub, Zidwinesperc von Zidwin, Lerochstetten,
Zawischberg, Münzkirchen, urk. Musileskirchen, Matzelsdorf, Schlüssel
berg von Zluzlaus, Wittingau usw. Diese Namen weisen nicht auf Arbeiter,
sondern auf Besitzer. In manchen Fällen mag allerdings Benennung
nach dem Grundherrn oder hervorragenden Männern des Volkes vor
liegen.
Eine Deutung der slaw. Namen ist nicht immer möglich, weil sie
vielfach in zu entstellter oder junger Form überliefert sind. Es ist ja
klar, daß sie schon in der Heimat der neuen Siedler eine durch den Ger-
manisierungsprozeß und die Gemengesiedlung deutscher und slawischer
Einwohner bedingte Umformung durchgemacht hatten, ehe sie auf
Örtlichkeiten und Anwesen unseres Landes übertragen wurden und hier
einem weiteren Verwitterungsprozeß anheimfielen. Darum ist es sehr
häufig unmöglich, bis zum hüllenlosen Kern vorzudringen, jedenfalls
aber wäre genaue Kenntnis des Altslowenischen nötig.
Flußnamen.
Sie begegnen zunächs t in der südöstlichen Ecke des Landes, in den
Flußgebieten der Krems und der Enns.
Krems, 8. Jahrh. Cremisa 1 ), was ein latinisiertes slaw. Kremese von
kremeni ,Kiesel' ist, also Schotterbach 2 ). In sie mündet bei Weißenberg
der Krennbach, 888 Scalaha 3 ), von Skala ,Fels‘, also ein ,Steinbach',
-aha ist Ache = fließendes Wasser.
Der bedeutendste Nebenfluß der Enns am linken Ufer ist die Steyer,
1125 Stira 4 ), im Namen der Stirapurc 5 ) schon ca. 985 bezeugt, mit der
Steyerling, 1160 Stirnich, beide zu altslaw. struga ,Flut' wie der Stryj
in Galizien.
!) Oö. UB. II, 2. FO. a I, 1730 f.
2 ) Miklos. 188. Kämmel 173, n. 2. Einen Kremsbach gibt es nach Pill-
wein, Traunkreis, S. 125, auch in der Gegend um Windischgarsten.
3 ) Oö. UB. II, 28, 31. Kämmel 166, Anm. 4, und Archiv f. österr. Gesch.
104, 470, 544.