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III. Die Slawen.
§o nachweisen. Beispiele: lat. crüc- erscheint mhd. als kriuz 1 ), das roman.
*jüb- als Bergname Joifpn; slaw. Glunich in späteren Urkunden als
Gleunch; lat. jüg- als mhd. jiuch, jeuch, mundartl. jö aus älterem *jeö;
der Flußname *Lüraha im 11. Jahrh. als Liuraha; lat. monistör-ium
(Nebenform von monasterium) als urk. Munstiure (ON.) aus *Mun(i)stür,
heute Münsteuer; slaw. Rüna später als Reun (Stift in Steiermark);
Raab heißt 955 Rurip, 1100 aber Riurip, die Traun im 8. Jahrh. Truna,
später auch Treun, Troyn; mhd. puse ,Pause 4 begegnet mundartlich auch
als Pois 2 ), slaw. urad, ured ist in Ortsnamen urk. Eurd, heute Oidner, usw.
Als fremd wurde offenbar auch deutsches ü 3 ) empfunden, wenn es einem
nichtbaierischen Wort angehörte, wie das z. B. beim alem. bür der Fall
ist. Dieses Wort begegnet bei uns urk. als -biuren, -beuren (z. B. Michael-,
Benedikt-, Ottobeuren), als biur in Peuerbach, urk. Piurpah, daneben
aber als^Pür- in urk. Pürpach, wie auch heute noch mundartlich Beorwü
und BcTirwü nebeneinander gesprochen werden.
Außer dieser Diphthongierung von fremdem ü zu iu fällt in unserer
bodenständigen Mundart auch die von langem und gelängtem o zu §o
auf, soweit nicht Umlaut § (z. B. n§tn nötigen, lesn lösen, §ksl Öchsel,
ätrewzm strohern, in Ortsnamen Henhart, urk. Hohinhart, Sergelhub,
urk. Sörgilhub, Exenberg, urk. Öchsenperig, Rettenbach, urk. Rotin-
pach, Nettingsdorf, urk. Notingsdorf, Hehenberg, urk. Hohinperg, usw.)
eingetreten ist. Der Bauer sagt also n§od Not, d§öd Todjjtot; l§ös los;
h§ö hoch; d§öf Dorf; §ört Ort, Stück, Ende; s§öra Sorge, lgö Lohn usw. 4 )
Anderseits werden die alten Diphthonge bewahrt, die neuen monophthon
giert: neben mhd. kriuz steht der ON. Chrutzen, Croucen 5 ), heute
Kreuzen, gespr. Kraitsn, neben Joifen der Jaufen 6 ); Gleink schreiben die
Urkunden auch Gläunch, nhd. Jauchert gehört zu lat. jüg-, die urk.
Luraha heißt heute Laurach 7 ); statt Reun begegnet in den Urkunden
auch Räun; das heutige Raab (Mkt. in OÖ.) ist die Fortsetzung von Rurip
(über Raurip, urk. Rörip) usw. Beispiele für ü aüs Iu: Boiodurum, jünger
Boitro, lebt heute fort im Bachnamen Beiderbach und im Flurnamen
Beiderwies, beide nächst der Innstadt in Passau. Dieses Beider, gespr.
Baider, zeigt ein ai, das ein offen gesprochenes äu sein muß wie in laichtn
,leuchten 4 , daits ,deutsch 4 , laid, ,Leute 4 usw., deren ai ich nicht für den
Umlaut von iu (aus germ. eu), an den auch vom phonetischen Stand
punkte aus schwer zu glauben ist, sondern für den Umlaut äu aus dem
zu ü monophthongierten iu halte 8 ). Boitr- ist also zunächst zu Buitr,
L ) Auch in Ortsnamen, z. B. Kroissing, 1299 Chreutzaren. Die heutige
Form zeigt, daß iu nicht Umlaut, sondern wirklich Diphthong ist.
2 ) Schmeller I, 411.
3 ) Vereinzelt ist (ich) biuwe zu büwen.
4 ) In den Urkunden lassen sich die eo seit dem 13. Jahrh. nachweisen.
Vgl. Oö. UB. IV, n. 328, 331 (1299); V, n. 44 (1311).
5 ) Ebd. II, 237, 239.
6 ) Schmeller I, 1203.
7 ) FO. 3 II, 114.
8 ) Vgl. meinen Aufsatz über das nhd. eu in der Zs. f. österr. Gymn. 1902,
S. 193 ff.