Volltext: Das Land ob der Enns

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III. Die Slawen. 
Die Bemerkung, die Krones 1 ) über die Alpenslawen Steiermarks 
macht, daß sie, dem Grundcharakter slawischer Ansiedlung getreu, 
entweder nur in lockeren gruppenweisen Beständen oder in zerstreuten 
Einzelniederlassungen, vorwiegend in breiten Talungen oder an der Aus- 
mündung der Talgräben sich niederließen, den Hochtälern und der steilen 
Bergwildnis möglichst fernblieben, bestätigt sich auch bei den Wenden 
sitzen unseres Landes. 
Ihre Siedlungsart hat man schon in alter Zeit als „Waldkultur“ 
(cultura silvestris) bezeichnet. Am liebsten legten sie ihre Wohnstätten 
in ebenen Landstrichen und womöglich auf Waldblößen an Waldrändern 
und am Wasser an 2 ). Daher bei uns die auffallend große Zahl kleiner 
Waldbäche mit slawischem Namen. 
Stellenweise waren diese fremden Siedler anfangs in der Mehrheit, 
es tritt dann mitunter die nationale Scheidung in der Nomenklatur her 
vor. Ein Baierberg, G. Lengau, und Baiereck, G. St. Johann a. Walde, 
im Rodungsbezirk Mattighofen, ein Bayrach, G. St. Ulrich, im Bez. 
Neufelden, Bayring, urk. Begeringin, G. Altenberg, Bez. Urfahr, und 
Bayrbach, G. Altaist, Bez. Mauthausen, sind Beispiele dafür, denen aber 
weit mehr solche gegenüberstehen, die das Übergewicht der deutschen 
Bevölkerung auch in den eigentlichen Rodungsgebieten beweisen, nament 
lich die mit Wind- gebildeten Bezeichnungen, soweit sie hierher gehören. 
Ein gewisses Absonderungsbedürfnis der Deutschen läßt schon das 
Placitum von Puchenau (827) erkennen, das den Besitz dieser Kirche 
gegenüber der slawischen Umgebung abgrenzt, und auch die Zeugen 
nach der Nation trennt, ferner die Tatsache, daß eine Urkunde von 843 
die Gegend an der Enns zwischen Steyr und Enns als pars Sclava- 
norum bezeichnet, wie denn auch die Raffelstettener Mauturkunde die 
Baiwaren und Slawen des Mühlviertels scharf sondert. Auch die Benen 
nungen Windisteig, Wienerweg gehören hierher. Es sind von den win- 
dischen Holzknechten benutzte Wege, wie die Schiffleute ihren Schefweg 
hatten. 
Stark kann das windische Element bei uns niemals gewesen sein, 
weil in den engen Tälern des Südens und auf den rauhen Höhen der 
Riedmark nur wenig Platz war. Der Bezirk Kirchdorf ist selbst heute 
noch der am schwächsten besiedelte des ganzen Landes. Die Gegend aber 
zwischen Steyer- und Ennsfluß und darüber hinaus bis zur kleinen Ra 
ming und zum ,Karinthgescheid‘ bei Weyer 3 ), die anfangs zur karanta- 
nischen Mark gehörte, also windisch im eigentlichen Sinne war, wies 
jahrhundertelang fast keine Siedlungen auf, erst das Stift Garsten 
(1111 gegr.) kolonisierte hier. 
Der Wortschatz zeigt nur schwache Spuren. Für die ältere Zeit 
wäre an Beispielen anzuführen die Bezeichnung raie für Grenze im 
!) Mitt. des histor. Vereins f. Steierm., 27. Bd., 1879, S. 18 u. 50. 
2 ) Wimmer, Geschichte des deutschen Bodens, S. 49 f. 
3 ) Eine Erinnerung daran sind die beiden Dörfer Ober- und Unter-Gschaid 
bei Gaflenz und die Ortschaft Gmerk.
	        
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