Volltext: Zwanzigstes Bändchen (20. 1938)

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Merkmalen oder Auffälligkeiten eines Mitmenschen. So 
nannte mant oft einen, großen, Mann „Lang" und einen, 
kleinen „Kurz" oder auch „Putz"; man nannte ferner man¬ 
chen wegen seiner Hautfarbe „Braun" oder „Weiß", letzteres 
aber für gewöhnlich vom weißen Haupthaar. Einen mit 
lockigem Haar nannte man „Kraus" und einen anderen mit 
steifem, aufwärts stehendem Haar „Bemsel". Ein links 
arbeitender kam zum Namen „Denk", ein hinkender zum 
Namen „Hupfer", einen Lahmen hieß man „Kraul" (krau¬ 
len = kriechen), und einen mit tiefer Baßstimme „Brummer", 
usw. Solche Benennungen wurden nun oft zu wirklichen 
Zunamen, die in einer Familie verblieben und daher die 
Bezeichnung Familiennamen erhielten oder Zunamen, weil 
sie zum bisherigen bloßen Tauf- oder Vornamen noch hin¬ 
zukamen oder Schreibnamen, weil sie nicht als Ansprache 
gehört wurden, sondern nur zum Vorschein kamen, wenn 
jemand seinen Namen schrieb oder — was früher ja häufig 
war — seinen Namen schreiben lassen mußte, daher die 
bekannte Rede, z. B. der läßt sich — anstatt schreibt sich — 
Gruber schreiben. 
Sehr interessant ist nun die Tatsache, daß körperliche 
Merkmale oder Eigenheiten der Menschen sich in Familien 
oft durch Jahrhunderte hindurch fortvererben, so daß solche 
Merkmale, die zu bestimmten Zunamen Anlaß gaben, sich 
auch noch bei den heutigen Namensträgern finden, daher 
dann das Volk, um bei dem eingangs erwähnten Namen 
zu bleiben, sagt: „Der Plakolm hat seinen Namen nicht 
umsonst, er ist zweimal Plakolm, er heißt Plakolm und 
ist ein Plakolm". Uebrigens nicht bloß Plakolm nannte man 
früher öfter einen dicken, schweren Mann, sondern oft auch 
Kolm (eigentlich Kolb, welche Bezeichnung sich auch 
noch findet) allein, da dieses Wort etwas Dickes, Schweres 
überhaupt bedeutet. Der Leser gebe nun aber acht, ob je¬ 
mand, der Plakolm oder Kolm allein heißt, nicht eine schwere 
Person sei, oder ob nicht auch heute noch jemand mit dem 
namen Lang ein großer Mensch sei und einer mit dem 
Namen Kurz von kleinem Körperbau sei, usw. Es ist auch 
nicht uninteressant, daß das Wort Kolm (Kolben), das in 
alten Zeiten eine Waffe bedeutete, auch heute noch 
wenigstens einen Teil einer Waffe bezeichnet, wir alle 
kennen ja den Gewehrkolben.
	        
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