Volltext: Zwanzigstes Bändchen (20. 1938)

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Kreuzweg 1884. Im folgenden Jahre übergab M. Pühringer, 
Auszüglerin auf dem Haidergute, unserer Kapelle 800 Kronen 
als Lichtstiftung, die leider auch durch die letzte Geld ent- 
wertung verloren ging. Der Zustrom der Wallfahrer nach 
Ramersberg war aber schon so groß geworden, daß 1880 
Pater Georg Kolb diese Kapelle auch aufnahm in sein höchst 
interessantes Werk „Marianisches Öberösterreich". Lanzers¬ 
dorfer übergab 1906 die Kapelle, das oben erwähnte Licht- 
stiftungsgeld und 1200 Kronen Herhaltungskapital dem 
Stifte St. Florian, mit dem ein diesbezüglicher genauer 
Vertrag abgeschlossen wurde. Als 1913 Kleinzell ein neues 
Geläute erhielt, gab es die bisherige Zügenglocke nach 
Ramersberg für die Kapelle, doch wurde diese Glocke auch 
vom Weltkrieg verschlungen. 
Im Jahre 1925 erfuhr die ganze Kapelle eine glücklich 
durchgeführte Renovierung. 
Der Gründer dieser Wallfahrt, Matthias Lanzersdorfer, 
starb anfangs 1923 im Alter von 83 Jahren; die ganze 
Pfarrgemeinde sagte: „Mit dem wäre gut sterben 
gewesen". 
Lanzersdorfer war ein durchwegs frommer und wohl¬ 
tätiger Mann; täglich ging er bis zu seiner letzten Krankheit 
trotz seines hohen Alters zur eine halbe Stunde entfernten 
Pfarrkirche und dort zum Tisch des Herrn. Früher, als 
Lanzersdorfer noch einiges Vermögen besaß, leistete er sich 
gewöhnlich nach der hl. Messe ein kleines Frühstück in einem 
Gasthause, aber der schreckliche Geldsturz und so große 
Mangel an Lebensmitteln nach dem Kriege veränderten die 
Lage gründlich; als ein Frühstück nahm Lanzersdorfer jetzt 
zur Kirche einiges Brot mit, das er aber wiederholt, bevor 
er zur Kirche kam, schon wieder verschenkt hatte und wie 
froh, ja wie froh war damals jedermann um ein Stücklein 
Brot; junge Leute von heute wissen das gar nicht. 
Lanzersdorfer war auch ein Volkskünstler: Schnitzer 
Vergolder, Maler; fast alle Wegbilder in der Pfarre und 
Umgebung stammten aus seiner Hand. Leider hatte dieser 
für Kunst überaus veranlagte Mann niemals auch nur den 
geringsten diesbezüglichen Unterricht genossen, doch sein 
frommer Sinn befähigte ihn zum religiösen Künstler, wes-
	        
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