Volltext: Vierzehntes Bändchen (14. 1926)

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wundern, daß dieser Unwille sich auch bisweilen Luft zu 
machen suchte. So kam es am 2. August 1917 zu einem 
förmlichen Hungerkrawall in Reichenau. Eine Mühlenkon- 
trolle gab den Anlaß. Da die Versorgung mit Mehl schon 
längst unzulänglich war und sogar manche Bauern wochen- 
lang kein Brot mehr im Hause hatten, beeilte man sich, bei 
Beginn der Kornernte Getreide in die Mühle zu bringen, 
während die erforderlichen Mahlscheine noch nicht ausgestellt, 
waren. Es fanden sich daher in jeder Mühle Getreidemengen, 
die nicht mit Mahlscheinen belegt waren, obwohl schon um 
solche angesucht worden war. Das Kontrollorgan erklärte 
nun dieses Getreide für beschlagnahmt. Darüber wurden die 
Leute so erbost, daß ihm eine Schar Weiber und Kinder 
entgegentraten und eine bedrohliche Haltung einnahmen. Er 
flüchtete in das Gasthaus Klopf und versteckte sich, als ihm 
die erregte Menge auch dorthin nacheilte, unter einem Bett, 
wurde aber hier entdeckt, hervorgezogen und von den Demon- 
stranten gekratzt und geschlagen. Bei der darauffolgenden 
Gerichtsverhandlung gingen alle Demonstranten straflos aus, 
nur eine Person wurde wegen aufreizender Bemerkungen 
verurteilt. 
Zu all den Kriegsnöten kamen in Reichenau noch wie- 
derholte furchtbare Brände, die umso schwerer trafen, als 
die Materialbeschaffung und die Arbeitskraft zum Wieder- 
aufbau mit großen Schwierigkeiten verbanden war. Am 
27. Oktober 1914 brannten das Gabelmacherhaus im untern 
Markt Nr. 54 und das benachbarte Haus Nr. 53 des Karl 
Gattringer nieder. Am 30. Augtust 1916 äscherte ein Blitz 
das Angerergut in Habruck Nr. 5 vollständig ein. Die Söhne 
des Besitzers waren alle im Kriege, einer gefallen, einer 
vermißt. Am 16. Dezember 1916 stand knapp vor Beginn 
des Sonntags-Hochamtes das Bachlgut in Affenberg Nr. 2 
in Flammen und brannte vollständig nieder. Ein schrecklicher 
Brand wütete am 22. Mai 1917 im unteren Markte. Um 
halb 12 Uhr mittags stand die Walkschmiede in Feuer, bei 
der großen Dürre und dem heftigen Südostwind bestand 
größte Gefahr für den ganzen Markt. Bald brannte die be- 
nachbarte Riemmühle und das große Anwesen „Mair beim 
Schloß", das mit dem „Fürstenstadl" und dem „Jägerhaus" 
niederbrannte. Furchtbar schnell hatte das Feuer übergegrif- 
fen, außer dem Vieh konnte nichts gerettet werden. In der 
Riemmühle verbrannte sogar eine bettlägerige Gemeindearme
	        
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