Volltext: Vierzehntes Bändchen (14. 1926)

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studiert und war als Arzt zuerst nach Friedberg in Böhmen 
gekommen, wo er mit Stifter, der sich an diesem Orte öfter 
aufhielt, befreundet wurde. Huber übersiedelte aber 1829 hie- 
her, nach Kleinzell; hier war das „Baderhaus" unter seinen 
letzten Inhabern stark in Schulden gekommen und sein 
Hauptgläubiger, der Apotheker von Neufelden, verkaufte es 
nach dem Ableben der hiesigen Arztenswitwe Aigner an den 
obigen Arzt Wenzel Huber in Friedberg. Das gekaufte, schon 
sehr herabgekommene Haus, das nur mehr ein paar eichene 
Wannen von der ganz alten „Baderei" aufwies, ließ nun 
Huber niederreißen und dafür ein neues geräumiges Gebäude 
aufführen, Aigner zugleich auch als Spital dienen könnte und 
tatsächlich auch öfter fremde Patienten beherbergte. 
In treuer Anhänglichkeit besuchte nun Stifter öfter hier 
seinen Freund Huber und bewohnte dann immer den bevor- 
zugten Raum unseres Arztenhauses, das "Studentenzimmer". 
Man braucht Stifters Freundschaft mit Huber nicht geringer 
einzuschätzen, wenn man annimmt, daß Stifters begeisterte 
Naturliebe und drängende Gemütsfülle auch von unserer ganz 
prächtigen Gegend mit sanfter Gewalt angezogen wurden, so 
daß er also des öfteren seinen Weg nach Kleinzell nahm. Nur 
ein paar Minuten von seiner hiesigen Wohnung entfernt 
konnte der große Naturfreund vom „Edhügel" aus auch die 
ihm so sehr an's Herz gewachsenen Stätten: Berg Plöckenstein 
und Ruine Wittinghausen sehen. So wie einst König Poly- 
krates von seinem Dache aus die von ihm beherrschte Insel 
Samos, so und nicht anders konnten vom Schlosse Witting- 
hausen aus die Wittigonen das ganze ihnen untertänige 
Gebiet überschauen bis herab zur südlichsten Grenze beim 
Einfluß des Dießenbaches in die Große Mühl, wo statt des 
alten Schlosses Partenstein jetzt das gleichnamige neue Elek¬ 
trizitätswerk steht. Ganz sicher hat Adalbert Stifter für seine 
so herrlichen Naturschilderungen auch aus unserer Gegend 
reiche Nahrung geschöpft. 
Wohl im Sommer 1848 heilte der Arzt Huber hier 
auch Stifters Gemahlin von einem hartnäckigen, von Grippe 
herrührenden Nasenübel, das ein Wiener Doktor trotz zehn¬ 
wöchentlicher Behandlung nicht hatte beheben können. Diese 
glückliche Heilung machte unsern Arzt Huber sehr bekannt und 
verschiedene kränkliche Wienerfamilien, darunter Stifters 
Landsmann und Freund, der nachherige Minister Andreas 
Baumgartner, suchten Huber auf und wohnten teils im
	        
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