Volltext: Zehntes Bändchen (10. 1925)

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Protestanten mögen uns Marienbrüder heißen im spöttischen Sinne, freche Gottes- 
hasser mögen die himmlische Frau mit den gemeinsten Worten in heutiger Zeit 
besudeln, aber sie alle werden uns beneiden noch um unsere Marienliebe, wenn 
nicht früher, dann in der letzten Stunde ihres Lebens, gewiß aber in der Ewigkeit! 
Der Mühlviertler Landmann hängt an Maria, wie das kleine Kind an der Schürze 
der Mutter. Und von manchem Studierten kann man nicht mehr verlangen, weil 
er wohl selber nicht besser ist als ein vierbeiniges Borstentier, das sich am liebsten 
im Kote wälzt. „Wovon daß Herz voll ist, davon geht der Mund über." 
Aus dem Dämmerdunkel der Waldkapelle steigt der Wanderer dann hinauf 
auf die lichten freien Höhen der einstigen Bergesburg. Still und ewigkeitsvoll steht 
das weiße, einstige Schloßgemäner hinein in den Sommertag. Herum geht in der 
Junizeit ein süßes Duften der Wildrosen. Und drinnen im Heiligtum der Kirche 
brennt das ewige Lichtlein der Heilandsnähe: „Herr, bleibe bei uns, denn es will 
Abend werden." Die Unbefleckte, Hochheilige aber ruft uns zu von ihrem Mutter- 
bilde aus: „Machet mir, Thominger die Freude, euch öfter hier einzufinden und 
ich verspreche, euch glücklich zu machen, nicht in dieser Welt, sondern im Jenseits." 
Blumensträußchen im Sommer sagen der himmlischen Mutter unsere Liebe 
und machen einen stummen Fürbitter zur Verzeihung unserer Fehler. Ein kleines 
Eidechschen huscht über die Felsen der Grotte, als ob es sich flüchten wollte vor 
jenen, die da kommen, bei Maria zu beten und zu bitten: „Maria mit dem 
Kinde lieb' — Uns allen deinen Segen gib!" — „O Maria, Jungfrau, Mutter 
mein — O laß' uns deine guten Kinder sein!" 
Wie stehen wir mit der Außenwelt in Verbindung? Das Mühlviertel in 
seiner Gänze ist wirklich arm an Verbindungswegen, Straßen und Bahnen. Hinein 
gegen Königswiesen gar kein Schienenstrang. Wir alle müssen nach Perg oder Grein 
— und da ist's weit; wer gut zu Fuß ist, geht's in drei Stunden. Abkürzungen 
muß man kennen. Für die untere Seite mag's nach Arbing zur Bahn noch am 
Nächsten sein. Die schönste Straße führt nach Grein. 1905 wurde auch der Gemeinde 
bewilligt, durch den sogenannten Pfarrerwald eine Hauptstraße und eine Auffahrts- 
straße anzulegen, damit endlich einmal der Tierquälerei über den steilen Loislberg 
ein Ende gemacht werde. „Loisl" hieß in früheren Zeiten das heutige Anwesen 
Schmid-Neulinger und sagen heute noch viele Leute „beim Loisl". An diesem 
Hause vorbei ortseinwärts ging früher die alte Straße vom heutigen Bauerngut 
„Frühwirt" herauf. Dort zweigen sich die Straßen, gerade aus die alte Fahrstraße 
über den genannten Loislberg, rechts in den Wald hinein die neue, breite und 
gute Fahrstraße, aber bedeutend länger; eine halbe Stunde ist nicht ausgeschnitten 
auf der neuen Straße, in 10 Minuten geht man den kürzeren Weg. Eine wahre 
Schinderei, wie früher die Leute alles da bergauf bringen mußten, jede Fuhr Lebens- 
mittel, Bier, Wein, die Steine beim einstigen Kirchenbau, später zum Wiederaufbau 
von Kirche und Pfarrhof nach den unglückseligen Bränden 1866 und 1884. 
Schwere Arbeit im Sommer und erst im eisigen Winter! Wie gar manches 
Bierfaßl mag hinabgerollt sein über den Berg, wenn im Winter der Bierfuhrmann 
umgeschmissen hatte. Wer sollte da sich nicht ärgern! Kein Wunder, wenn gar 
mancher nicht schlecht gemeinter Flucher aus den nahen Wäldchen widerhallte. Armer 
Fuhrknecht! Und heute! Alles leichter und bequemer! Und doch waren die Leute 
von anno dazumal glücklicher und zufriedener und vielleicht wohl auch in mancher 
Beziehung gesünder. Von Bequemlichkeit so recht darf man auch wohl heute nicht 
reden; unser Boden mit den Schinderbergen und steilabschüssigen Tälern hält keinen 
annähernden Vergleich mit dem Flachlande aus. Ein Bauer in den Bergen des
	        
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