Volltext: Achtes Bändchen (8. 1923)

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Niederwaldkirchen erbaute und schließlich (wohl 1108) sein großes Gebiet an Kloster 
St. Florian vergabte weswegen die Seelsorgsposten dieser Gegend auch heute noch 
mit Priestern aus dem genannten Stifte besetzt werden. Wieder weiter östlich und 
bis gegen die Rotel rodeten und siedelten die Wilhering-Wachsenberger, 
welche ebenfalls aus Niederbayern stammten, 1110 die Kirche Gramastetten und 
1146 durch Umwandlung ihrer bisherigen Burg das Kloster Wilhering gründeten, 
worauf sie sich nur mehr nach Wachsenberg benannten. Abermals weiter östlich und 
bis in den Haselgraben treffen wir das Gebiet der hochfreien Haunsberger, die 
offenbar auch Bayern waren, da sie auch die Passauische Burgherrschaft von Linz 
inne hatten. 
Also eine ganze Reihe bayerischer Herrschaften rodete und siedelte in unserem 
oberen Mühlviertel, und zwar geschah das durch Bayern, was schon an sich ganz 
einleuchtend ist, aber auch noch bewiesen wird durch die recht bayerischen Orts- 
bezeichnungen, von denen das Mühlviertel voll ist, durch den bayerischen Dialekt, 
der hier gesprochen wird, sowie durch unsere alten wirtschaftlichen Einrichtungen, 
welche die gleichen wie in Altbayern sind. Es war bei uns sowohl bayerisch Volk 
als auch bayerisch Land; nur eine kleine Anzahl fränkischer Familien hatte sich 
auch angesiedelt. 
Uebrigens stand die 976 wieder gegründete und den Babenbergern als Mark- 
grafschaft übergebene Ostmark, für welche seit 996 der Name Oesterreich auskam, 
auch noch immer in einer wenigstens losen Abhängigkeit vom bayerischen Herzog. 
Doch 1156 erhob Kaiser Friedrich Barbarossa die Markgrafschaft Oesterreich (die 
Ostmark) selbst auch zu einem Herzogtum und löste sie dadurch aus dem Verbande 
mit Bayern. Der gleiche Kaiser erklärte 1180 den Bayern Herzog Heinrich, den 
Löwen, seines Landes verlustig, verlieh es dem Wittelsbacher Otto und verkleinerte 
gleichzeitig Bayern zu Gunsten Oesterreichs, indem er im Mühlviertel die öster- 
reichische Grenze — sei es vom Sarmingbach, sei es vom Haselgraben — bis an 
die große Mühl herausrückte; so war jetzt alles Gebiet links der großen Mühl 
österreichisch geworden. Doch bildete der eben genannte Fluß keineswegs bis zu 
seinem Oberlaufe zurück die Grenze, sondern diese lief von der Mühl weg bis „an 
den spiz den Unktornberges". Da ist es wieder schwer, sich zurecht zu finden. 
Vielhaber („Skizze der älteren Geschichte des Mühlviertels") hält mit anderen den 
Günterreiterberg (Pfarre St. Oswald) für den urkundlichen „Unktornberg" und 
stellt sich vor, die Grenze zwischen Oesterreich und Bayern lief die große Mühl 
aufwärts bis zur Einmündung des Wurmbranderbaches, dann nach diesem bis zu 
seiner Quelle beim Günterreiterberg und hierauf dem Iglbach entlang bis zur 
Moldau, an welcher damals Oberösterreich, Böhmen und Bayern zusammengrenzten; 
diese Ansicht hat viel für sich, besonders auch den Umstand, daß eine Wiese am 
linken Ufer des Mittellaufes des Jglbaches heute noch „bayerische Au" genannt wird. 
Die 1156 und 1130 erfolgte Auszeichnung und Vergrößerung Oesterreichs 
auf Kosten Bayerns, mußte letzteres Land immerhin nachdenklich machen und im 
Mühlviertel kam da zunächst das Hochstift Passau in Betracht, das, wie wir bereits 
gehört, seine Siedelungen schon bis an die große Mühl, also bis an die neue 
bayerisch-österreichische Grenze ausgedehnt hatte. Doch drohte vorläufig für Bayern 
kein weiterer Verlust, vielmehr wurde jetzt die Stellung Passaus noch sehr gestärkt: 
Es übergab nämlich 1198 Gottschalk von Haunsberg dem Passauerbischof die 
Herrschaft Wildberg im Haselgraben, also auf österreichischem Gebiete, es verlieh 
1217 Kaiser Friedrich II. dem Hochstifte die Grafschaftswürde, die volle Landes¬ 
hoheit, zwischen Ilz und der großen Mühl und überdies erwarb Passau jetzt auch
	        
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