Volltext: Achtes Bändchen (8. 1923)

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Volksbildung gar nicht kümmerte, wie z. B. die allgewaltigen Pfleger der Grund- 
herrschaften wohl ihre Diener mit Hunden ausschickten ins „Buamfanga" für den 
Militärdienst, beim schlechten Schulbesuche aber nur müßige Zuschauer machten. Die 
Kirchenbehörden konnten aber so wie zum Kirchenbesuche so auch zum Schulbesuche 
nur einladen, „ob gelegen oder ungelegen". Daß die Einladungen zum Schulbesuche 
keineswegs den gleichen Erfolg hatten, wie die zum Kirchenbesuche, ist allbekannt 
und Beweise hiefür findet man auch in alten Predigtwerken und kirchlichen „Verkünd¬ 
büchern", in denen zu Schluß eines jeden Schuljahres sich regelmäßig schwere Klagen 
erheben über den ungenügenden Schulbesuch und ebenso die dringlichen Aufforderungen, 
sich im neuen Schuljahre ja sicher zu bessern. Daß die großen Pfarreien und Schul- 
sprengel und schlechten Wege auf dem Lande den Besuch der Schule sehr erschwerten, ist 
ohne weiters zugegeben, doch steckte im Volke auch tief die Ansicht, daß die Schul- 
bildung für das praktische Leben leicht entbehrlich sei. Oft wurde erzählt, daß ein 
Vater, als sein ältestes Kind die Schule besuchen sollte, sich also vernehmen ließ: 
„Wann S' ma's g'schriftli göbn, daß sö mei Bua mit'n Lösn und Schreibn furt- 
bringa kann, so schick ön in d' Schul, aba sist nöt" ; es ist köstlich, wie dieser 
wunderliche Mann, der die Schulbildung so gering einschätzte, auf einmal so viel 
auf eine „g'schriftliche" Bestätigung gegeben hätte. In der Stadt stand es hinsichtlich 
des Schulbesuches auch nicht viel besser als auf dem Lande; in der protestantischen 
Stadtschule zu Linz hat nach Rektor Menhards Bericht die Schülerzahl zu- und 
abgenommen „wie der Mond". 
Bei dem so lässigen Schulbesuche mußte natürlich auch die religiöse Unter- 
weisung der Kinder sehr leiden und eine bedeutende Mitursache für das so rasche 
Umsichgreifen des Protestantismus von 1525 an ist auch in der damals herrschenden 
religiösen Unwissenheit zu suchen. Bei den früheren Schulzuständen begreift man 
auch, daß man damals so viel auf die Christenlehren gab, daß eigene „Christenlehr- 
bruderschaften" bestanden, daß in alten Kirchenrechnungen fortwährend Ausgaben 
für „Christenlehrgaben" aufscheinen und daß häufig „Wander- oder Land-Christen- 
lehren" bei Feldkapellen, unter großen Bäumen oder in Bauernstuben gehalten 
wurden. Auch hängt es offenbar mit dem mangelhaften Religionsunterrichte in der 
Schule zusammen, daß noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts auch die Erwachsenen 
in der Kirche über Religionswahrheiten manchmal ausgefragt wurden, worüber uns 
alte „Kommunikantenberichte" belehren. 
Ein Mittel zur Hebung des Schulbesuches sollten auch die jährlichen „Schul- 
preise" bilden; es waren das schön eingebundene Bücher, auf deren Außendecke in 
großem Golddrucke die Zahl des Jahres schimmerte, in welchem man die Schule 
fleißig besucht hatte. 
Von der Kaiserin Maria Theresia angefangen, nahm sich endlich auch der 
Staat um die Volksschule an und tat in der Folgezeit für dieselbe sehr viel; der 
Schulbesuch ließ aber auch jetzt noch überaus zu wünschen übrig; ein Beweis ist 
hiefür der Umstand, daß auch noch im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts wir 
in Schulausweisen die etwas gar einfache Unterscheidung zwischen „schulfähigen" und 
„schulbesuchenden" Kindern treffen und letztere manchmal nicht viel über die Hälfte 
der erstem ausmachen. 
Was den Erfolg der alten Schule betrifft, so war dieser bei den Kindern, 
welche regelmäßig kamen, natürlich ein sehr guter; man bedenke nur: die faulen 
und schwach talentierten Kinder, sowie die der Schule mißgünstig gesinnten Eltern 
gehörten alle nur zu den „schulfähigen" Kindern und somit waren alle den Unterricht 
und die Disziplin erschwerenden Elemente ausgeschaltet und nur die fleißigen und
	        
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