Volltext: Achtes Bändchen (8. 1923)

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Das Zusammenkommen so vielen Volkes bei den Kirchweihfesten benützte die 
Geschäftswelt, um da öffentlichen Jahrmarkt abzuhalten, was so allgemein wurde, 
daß der Name des hohen Kirchenfestes auch auf den Jahrmarkt überging und 
dieser also auch „Kirta" genannt wurde. Dieses Wort bekam aber auch noch weitere 
Bedeutungen; „Kirta" nannte man nämlich auch die auf dem Markte gekaufte 
Ware und sagte also z. B.: „Heute habe ich mir einen teuren „Kirta" gekauft" 
und ebenso nannte man auch Geldgeschenke, die man jemand gab, damit sich dieser 
auf dem Markte auch etwas kaufen könnte; an den Kirchweihfesten gab es dann 
auch in den einzelnen Häusern bessere Mahlzeit und fröhliches Treiben und so be- 
zeichnete schließlich „Kirta" einen guten Tag überhaupt und man sagte z. B.: „Der 
hat heute „Kirta" gehabt." 
An Kirchweihfesten Jahrmärkte abzuhalten, war früher für die Geschäftswelt 
sehr lohnend und für das Volk eine große Wohltat, da es ja in älteren Zeiten 
auf dem Lande keine ansäßigen Geschäftsleute gab und man sich daher, wenn man 
nicht in eine Stadt kam, die Einkäufe auf den „Kirta" versparen mußte. Ein 
sehr alter Mann hat dem Schreiber dieses öfter gesagt: „Wir haben jetzt hier drei 
Geschäftshäuser, als ich aber 1841 in diesen Ort kam, da gab es hier nur einen 
Krämer und auch bei dem bekam man sonst nichts als Holzschuhe". Wegen des 
großen Nutzens eines Jahrmarktes für das Volk und die Geschäftsleute, trachteten 
die einzelnen Orte die Zahl der Jahrmärkte zu vermehren und jeder Jahrmarkt 
hieß nun „Kirta", so daß es in den meisten Orten wohl nur einen Kirchweihtag, 
aber mehrere „Kirta" im Jahre gab. 
Es mag sein, daß diese Verallgemeinerung des deutschen Wortes Kirchweihtag 
dazu beigetragen hat, nun in den Kirchen selbst für das Kirchweihfest wieder mehr 
und mehr die lateinische Bezeichnung dedicatio (= Weihefest) gebraucht wurde, da 
dieselbe sich in den Verzeichnissen kirchlicher Feierlichkeiten in den letzteren Jahr- 
hunderten ganz regelmäßig findet. 
Da auf die Jahrmärkte oder „Kirta", wie wir schon gehört, alles wegen 
notwendiger Einkäufe schon wartete, so erhielten auch bei der Kirche angestellte 
Persönlichkeiten, wie Mesner und Ministranten, auf diese Tage Teile ihrer Jahres- 
bezüge, welche wir deswegen in alten Kirchenrechnungen als „Kirchtaggelder" ver- 
ausgabt finden. 
Obwohl in den Märkten und Städten durch das ganze Jahr hindurch Waren 
zu bekommen waren, so erhielten doch auch in denselben die „Kirta" eine große 
Bedeutung; aus der weitesten Umgebung kam zu denselben das Volk zusammen 
und ließ viel Geld im Orte, weswegen die Verwaltungen der Märkte und Städte 
immer bestrebt waren, die Anzahl der Jahrmärkte zu vermehren. 
Ein sehr alter Ausdruck für ein Kirchenfest, auch für Ablaßfeier, ist dann 
„Dult". Ulphilas, der doch schon vor mehr als 1500 Jahren gestorben ist, schreibt 
z. B. in seiner Uebersetznng der heiligen Schrift statt Osterfest „Osterdult". In 
Städten wurde nun auch dieses Wort gebraucht für große, mehrtägige Märkte, 
die eben auch an hohen Festtagen angesetzt worden waren; besonders in Altbayern 
heißt „Dult" auch heute noch der Jahrmarkt und die Obermühlviertler kennen gut 
genug die „Passauer-Dult"; die auf solchen Märkten gekauften Waren nennt man 
in Bayern ebenfalls „Dult", so daß also dieses Wort da auch dasselbe bedeutet, 
wie bei uns der vom Markte heimgebrachte „Kirta". 
Vor Beginn der großen Kirchenfeste wurde häufig mit den Turmglocken ge- 
läutet, wofür man sagte: „Es wird die „Dult" eingeläutet". Im Verlaufe der 
Zeiten haben nun manche Kirchendulten aufgehört, aber es blieben die mit ihnen
	        
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