Volltext: Achtes Bändchen (8. 1923)

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St. Martin erfahren, dieser Friedhof 12 Klafter lang, 7 Klafter breit und von 
einer 2 Fuß dicken Mauer umgeben, was alles keineswegs auf einen „Pestfriedhof", 
sondern auf einen förmlichen „Pfarrfriedhof" hindeutet. 
Da ist es nun sehr leicht möglich, — ähnliche Beispiele sind an anderen 
Orten als sicher erwiesen — daß gegen Ende des 16. Jahrhunderts, als die 
Protestanten sich in dieser Gegend am meisten ausgebreitet und aller Pfarrkirchen 
bemächtigt hatten, die nur mehr in geringer Anzahl vorhandenen Katholiken das 
St. Nikolauskirchlein behauptet, dorthin ihre Kinder zum Unterrichte geschickt und 
dort auch ihre Toten beerdigt haben. Eine sogenannte „Winkelschule", an welcher 
irgend eine ungeprüfte Person Unterricht in dem einen und anderen Gegenstande 
erteilte, kann natürlich auch sonst zu St. Nikola zeitweilig bestanden haben, zumal 
die Kinder zu den umliegenden Pfarrschulen weiten und beschwerlichen Weg hatten, 
Sollte die obige Annahme der zeitweiligen Benützung St. Nikolas seitens der 
Katholiken als Pfarrkirche der sein, so war dann freilich, als St. Martin und 
Niederwaldkirchen den Katholiken wieder zurückgegeben wurden, für die jungen 
Leute St. Nikola die älteste Pfarrkirche gewesen. 
Auf dem heutigen Gruberhause gab es, wie das Volk erzählt, früher auch 
Bierausschank; vielleicht beschränkte sich dieselbe aber nur auf die Tage größeren 
Volkszusammenflusses. 
Es kam die sogenannte Zeit der „Aufklärung", die der Heimatkunde ganz 
unersetzbaren Schaden gebracht, was heimatkundliche Anstalten, wie z. B. das 
Nationalmuseum in München, offen erklären; diese Zeit hat uns auch die so alte 
und so interessante Stätte St. Nikola vernichtet. Die Wiener Hofregierung ließ 
1785 Verzeichnisse „überflüssiger und zu sperrender Kirchen" anfertigen, in welche 
auch die von St. Nikola, das 1780 von Niederwaldkirchen aus- und nach St. Martin 
eingepfarrt worden war, aufgenommen wurde. Gemeinde und Pfarramt St. Martin 
baten unter Befürwortung des Dekanatsamtes um Offenlassung dieser Kirche wegen 
der dort abzuhaltenden Christenlehren und dorthin zu führenden Prozessionen, 
ferner weil sowohl die Kirche St. Martin, als auch der dortige Klerus auf die 
jährlichen Zinsen des „Nikolai Kirchenkapitals" angewiesen seien. Die Regierung 
bestand jedoch aus der Sperrung, die nun 1787 auch erfolgte. Die Kirche wurde 
nun verkauft, wer sie erstanden, ist nicht zu finden, doch berichtet uns Reisacher 
im „Dekanate St. Johann", daß sie um einen so geringen Betrag veräußert wurde, 
daß der Käufer aus den beim Abbruche gewonnenen Eisenschließen allein schon den 
im „Dekanate mehrfach hereinbrachte. Den Kaufschilling, sowie das bei der Kirche 
noch vorhandene Vermögen von 5364 fl. wies der Staat dem Religiousfoude zu. 
Die Kirche hatte auch zwei Glocken gehabt, die, nach einer Aufschreibung im Pfarr- 
archive Kleinzell, nach Hellmonsödt kamen. 
Das oben behandelte Kirchlein des von den Schiffsleuten und Saumern 
verehrten Sturmpatrones Nikolaus ist verschwunden; nur mehr ein auf einem einstigen 
Kirchenbaustein aufgesetztes eisernes Kreuz erinnert noch an dasselbe. Der Name 
des Heiligen ist aber dem Dorfe verblieben und wie in demselben unsere Väter 
einst nach der Hilfe des heiligen Nikolaus in der Stürme Not. und Pein gerufen, 
davon soll die Heimatkunde uns immerfort noch Meldung bringen.
	        
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