Volltext: Achtes Bändchen (8. 1923)

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auch annehmen bei der in Rede stehenden St. Nikolauskirche auf der so windigen 
Höhe zwischen Niederwaldkirchen und St. Martin beim Schnittpunkte der zwei schon 
erwähnten alten Verkehrswege. 
In St. Nikola stehen heute zwei Bauernhäuser — die später erbauten Häusel 
liegen etwas entfernt — welche zur Ortschaft Erdmannsdorf (= Hartmannsdorf; 
das Volk spricht auch Ermersdorf) gehören; diese zwei Höfe sind zwar seit dem 
17. Jahrhundert nachweisbar, doch erzählt das Volk allgemein, daß hier ursprünglich 
nur ein großes Gut mit über 100 Joch Grund bestanden habe und daß dasselbe 
einmal von einem Besitzer uuter seine zwei Söhne geteilt worden sei; diese Volks- 
sage erhält viel Bekräftigung durch die Tatsache, daß sämtliche Grundstücke bei 
St. Nikola genau halbiert und unter die zwei Bauern verteilt sind, wodurch es 
den Anschein erhält, daß der teilende Vater für Zufriedenstellung seiner beiden 
Söhne sehr umsichtig gesorgt habe. In letzterer Zeit haben übrigens die zwei jetzigen 
Besitzer durch verschiedene Umtauschungen ihren Besitz doch etwas mehr zusammen¬ 
gelegt. Das ursprüngliche eine Gut war offenbar jenes, das heute noch keinen Haus- 
namen führt; das einst davon abgetrennte jetzige Nachbarhaus heißt Gruber, ein 
Name, der durch einen von auswärts gekommenen Besitzer entstanden sein muß, 
da im Orte selbst der Boden nirgends eine Senkung aufweist. 
Gewiß ist auch die Annahme berechtigt, daß das frühere eine Gut dem In- 
haber eines Saumerunternehmens gehört habe, der zu Ehren seines Schutzpatrons, 
des heiligen Nikolaus, bei seinem Anwesen eine Kirche erbauen ließ; diese wird, 
wie schon mitgeteilt, zum erstenmal 1142 erwähnt, war also romanisch und wurde 
zur Zeit der Gotik erneuert, da in den später hier entstandenen Hänsern Bausteine 
mit schönen gotischen Stab- und Netzmeißelungen verwendet erscheinen; die letzte 
Kircheneinrichtung hatte Barockstil, was an den wenigen von ihr noch vorhandenen 
Gegenständen ersichtlich ist. Der Gedanke liegt nahe, daß die erste Kirchenausstattung 
ein Bild des heiligen Nikolaus enthielt, wie dieser durch sein Gebet den Sturm 
auf dem Meere stillt, und die darunter stehende Anrufung mag ungefähr gelautet 
haben: „So mögest du beschirmen, mächtiger St. Nikolaus, die Saumer, so auf 
unseren Wegen ziehen ein und aus". 
Sowohl den Saumern, welche von Linz, als auch denen, welche von Rosdorf 
auf der Rückkehr aus Böhmen hier ankamen, war beim Kreuzungspunkte der zwei 
Wege eine Rast sehr erwünscht; der große Grundbesitz des hier wohnenden Unter- 
nehmers lieferte für die Saumer und ihre Tiere genügend Nahrung uud die aus- 
gedehnten Gebäulichkeiten boten allgemeinen Unterstand; durch die Kirche war hier 
aber auch für die Seelenbedürfnisse der Säumer gesorgt, die ohnedies oft lange in 
keine Kirche kommen konnten. 
In St. Nikola bestand einst auch ein Friedhof, von dem heute noch das 
„Friedhoflandl" den Namen hat; auch dieses war früher schon geteilt, gehört jetzt 
aber wieder einem Besitzer. Frägt man das Volk, wie denn hieher ein Friedhof 
gekommen sei, so erhält man die Antwort, St. Nikola sei älter als St. Martin 
und einst die Pfarrkirche gewesen, auch habe da schon eine Schule bestanden. Daß 
St. Nikola vor St. Martin schon Pfarrkirche gewesen, ist natürlich ein großer 
Irrtum, denn Niederwaldkirchen war die älteste Pfarrkirche weiter Umgebung und 
auch für St. Nikola gewesen; im übrigen ist aber, was das Volk von der Pfarr- 
kirche St. Nikola, ihrer Schule und ihrem Friedhofe erzählt, sehr beachtenswert. 
Würde es sich hinsichtlich des letzteren um einen oft vorkommenden Pestfriedhof 
handeln, so würde sich dieser Name selbst und nicht der allgemeine Ausdruck 
„Friedhof" überliefert haben. Ueberdies war, wie wir aus der Pfarr - Chronik
	        
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