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Messeleserstelle.
Durch die Bemühungen der Pfarrgemeinde gab es schon vom Jahre 1854
an in Kleinzell, wenn auch nicht ständig, einen Messeleser, für den aber noch keine
eigene Wohnung bestand. Doch 1873 wurde für denselben ein Haus gebaut „das
Stöckl", das dann der neu gegründete „Wohltätigkeitsverein" übernahm, dessen
Obmann der jeweilige Ortspfarrer und dessen Mitglieder sämtliche Inhaber von
Kirchensitzen sind.
Die Wallfahrtskapelle Ramersberg
Der am 6. Jänner 1923 verstorbene Matthias Lanzersdorfer, lediger Aus-
zügler und bekannter Volkskünstler in Ramersberg, hatte 1875 auf einem schönen
Waldhügel an der Mühl eine größere Marienkapelle erbaut, die er selbst im gotischen
Stile einrichtete und welche als „Wallfahrt Ramersberg" sehr viel besucht wird;
über dieselbe berichtet auch das „Marianische Oberösterreich", Seite 269. Im Jahre
1906 ging die Wallsahrtskapelle durch einen Vertrag an das Stift St. Florian über.
Kleinzell im Weltkriege 1914-18.
Die ersten Tage des August 1914 setzten, als allgemeine Mobilisierungstage,
auch in Kleinzell alles in größte Bestürzung. Soviele Familienväter und Söhne
und Brüder mußten eilends die Heimat verlassen, nicht wissend, ob sie diese und
die Ihrigen noch einmal sehen würden. Die Eingerufenen versäumten nicht, vor
ihrem Abgänge auch noch die heiligen Sakramente zu empfangen. In den ersten
Tagen dürften bei hundert Mann aus der Gemeinde eingerückt sein; doch nach ein
paar Monaten wurden auch schon die im Frühjahr 1914 Assentierten eingerufen
und dann kamen fortwährende neue Stellungen der jüngeren Jahrgänge bis 17 Jahre
und Nachmusterungen der in früheren Stellungen als untauglich Befundenen, und
zwar hinauf bis zum 50. Jahre, sodaß, da auch der ganze „Landsturm" aufgeboten
ward, schließlich alle irgendwie Tauglichen von 17 bis 50 Jahren — ungefähr
200 aus der Pfarre — unter den Waffen standen. Drei hiesige Familienväter
stellten zusammen 20 Söhne in's Feld, nämlich Matthäus Wolfmayr in Apfels-
bach Nr. 9, acht Söhne, Johann Pirngrnber, Tischler in Kleinzell Nr. 3 und Josef
Höglinger in Weiglsdorf Nr. 22, je sechs Söhne.
Ueber bischöfliche Anordnung wurden täglich nach der heiligen Messe einige
Gebete „Um glückliche Vollendung des Krieges" verrichtet; viel wurde aber auch sonst
noch gebetet „für unsere abwesenden Brüder" und fanden auch eigene Kriegsandachten
und Prozessionen statt; die Schulkinder beteten bei den mittägigen „Besuchungen"
zum heiligsten Herzen für das Vaterland und seine Soldaten und empfahlen diese auch
immer der Mutter Gottes mit den Worten: „Maria, liebste Mutter, stehe unseren
armen Kriegern bei; rette die, für die ich flehe, Mutter, ihre Hilfe sei".
Die Pfarrbevölkerung brachte sehr viel und ebenso große Kriegsopfer; vor
allem suchte man den Entgang sovieler und kräftiger Arbeiter möglichst zu ersetzen,
indem die Kinder, für welche Schulbesuchserleichterungen gegeben wurden und die
Auszügler, die Mütter, Töchter und Mägde kräftig eingriffen und auch alle Arbeiten
mit dem Zugvieh, von dem die Heeresverwaltung auch zahlreiche Pferde angefordert
halte, verrichteten. Die Ernten und das Vieh wurden bald mit Beschlag belegt, die
Bauern bekamen bestimmte Lieferungsvorschriften für Getreide, Vieh und Futter und
aller Verbrauch der Lebensmittel wurde „zentralisiert" und der Bezug der für den
einzelnen gering ausgemessenen Mengen war nur mittels „Karten" möglich; es gab
„Mehl-, Brot-, Kaffee., Zucker-, Oel-, Seife-Karten", und zwar noch bis 1922.