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Ueber unsere „ing"-Mamen.
(Von Johann Si gl, Pfarrer i. R.)
Eine ganze Reihe unserer Ortsnamen endigt auf „ing". Es ist da vor allem
zu unterscheiden, bei welchen dieser Namen die Schlußsilbe „ing" ursprünglich
und bei welchen sie erst später eingetreten ist.
Stellt der erste Teil eines Ortsnamens einen alten Personennamen dar, so
bedeutet die Endsilbe „ing" die Verwandtschaft, die Sippe, das Gefolge der be-
nannten Persönlichkeit, welche durch Siedlung den betreffenden Ort gegründet hat.
Diese Ortsbenennungen sind die ursprünglichen „ing"-Namen und sie nennen uns
die ältesten Niederlassungen der in unser Land gekommenen Bayern, die zumeist in
großen Familien siedelten. Ein Waldemar, verkürzt Waldo, z. B. kam als Haupt
seiner Verwandtschaft in unser jetziges Mühlviertel und erbaute für sich und die
Seinen mehrere beisammen liegende Häuser. Diese Siedelung erhielt nun den Namen
Wald-ing (bei Ottensheim), also der Ort, wo Waldo und seine Leute wohnen.
Da die Ansiedelungen der Bayern sehr vielfach, wie schon erwähnt, in großen
Verwandtschaftsfamilien erfolgten, so mußten in der Regel bei einer Niederlassung
gleich mehrere Häuser errichtet werden, weswegen für gewöhnlich Dörfer „ing"-
Namen tragen. Doch hie und da führen auch Einzelnhäuser ursprüngliche „ing"-
Namen, solche also, deren erster Teil eine Person bezeichnet, wie z. B. wir in
St. Martin die Einzelnhöfe Sunzing und Tutting (von den alten Personennamen
Sunzo und Tutto) treffen. Es ist nun immerhin möglich, daß auch bei manchen
solcher Siedelungen ursprünglich mehrere Häuser erbaut worden waren, doch konnte
sich eine kleine Verwandtschaft auch nur ein einziges Haus gegründet haben und
es war für dasselbe der „ing"-Name doch berechtigt. Die alten Pfarrhöfe, in welchen
mehrere Weltpriester wohnten, wurden ja auch Pfaffing genannt, ein Ortsname,
der sich heute noch zwölfmal in Oberösterreich findet; nebenbei sei hier bemerkt,
daß Pfaff die älteste ehrenvolle Bezeichnung für Weltpriester war und erst seit Be-
ginn des 16. Jahrhunderts als Schimpfwort gebraucht wird. So viel über die
ursprünglichen „ing"-Namen.
Es wurde später „ing" aber auch schon bestehenden Ortsnamen
angehängt an Stelle anderer Endsilben, welche eine Mehrheit besagen.
In der Bedeutung des Zusammenwohnens mehrerer, wenn auch nicht mehr
verwandten Personen trat „ing" bei manchen Ortsnamen ein für die alte Endung
„aren", welche mit. „Leuten" wiedergegeben werden kann. In Lamprechts
Landesmatrikel, Seite 165, ersehen wir z. B., daß der jetzige. Ort Wolfing bei
Gallneukirchen einst Wolfarn (= bei den Wolffängern) hieß, sowie wir auch für
Sattling in der Gemeinde St. Oswald bei Rohrbach früher Satlarn1) treffen
(= bei den Bewohnern der sattelförmigen Anhöhe); auch die heutige Ortschaft
Pichling bei Ebelsberg heißt in alter Form Puchelaren (= bei den Hügelbewohnern;
Dr. Schiffmann, „Stationsnamen"). Die gleiche Herkunft hat offenbar auch der
Ortschaftsname Berging bei Peilstein.
Wohl hieher gehört auch der öfter vorkommende Ortsname Brenning;
die so benannten Orte befinden sich immer auf dem Sonnenbrande besonders aus-
gesetzten Berglehnen. Einen solchen brennigen Abhang nannten unsere Vorfahren
offenbar eine Brenn, wie z. B. ein entsprechend gelegenes Bauernhaus in der Ge-
meinde Leonding Brennlehner heißt; die Siedler auf solchen brennigen Hügeln
wurden wohl Brennaren genannt, woraus dann als Ortsbezeichnung Brenning
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1) „Strnadt, Velden", Seite 197,