Volltext: Sechstes Bändchen (6. 1916)

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vember 1807 als Lehrer und Organist in Arnsdorf bei Oberndorf a. d. Salzach 
angestellt. Von Arnsdorf aus besorgte er seit 1816 auch den Organistendienst 
in der nahen Stadtpfarrkirche des Marktes Oberndorf. 
Bei dieser Kirche war der musikalisch vorzüglich geschulte HilfsPriester Josef 
Mohr angestellt, der mit dem Organisten Gruber enge Freundschaft unterhielt; 
kurz vor Weihnachten des Jahres 1818, also vor 100 Jahren, sagte er einmal 
zu Gruber: „Verfassen wir zwei etwas für die heilige Nacht!" Und so geschah 
es auch; der Hilfspriester Mohr dichtete das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht" 
und überbrachte es am 24. Dezember dem Lehrer und Organisten Franz Gruber 
mit dem Ersuchen, sogleich eine dazu passende Gesangsweise für zwei Singstimmen 
und Begleitung schreiben zu wolle». 
Gruber übergab auch am gleichen Abende noch die von ihm verfaßte und 
bald so berühmt gewordene Tonsetzung dem Dichter Mohr. Dieser ließ sogleich 
die etlichen Gesangskräste seiner Kirche rufen und es wurde jetzt sogleich das Lied 
eingeübt; dabei sangen das Solo der Dichter (Tenorstimme) und der Tonsetzer 
(Baß). Nach geschehener Einübung wurde beschlossen, das Lied gleich bei dem um 
12 Uhr stattfindenden Christamte zur Aufführung zu bringen. Der Beschluß 
wurde ausgeführt; groß war die Ueberrafchung und Freude der versammelten 
Pfarrgemeinde von Oberndorf, als sie das neue Weihnachtslied vernahm und in 
der großen Kirche herrschte die größte Stille, als man zum erstenmal hörte das 
„Stille Nacht, heilige Nacht." Die Kirchenorgel war aber so schlecht, daß sie gar 
nicht benützt werden konnte, weswegen unser berühmtes Weihnachtslied das erste- 
mal mit Gnitarrebegleitnng aufgeführt wurde; dieses Instrument verstand der 
Dichter Mohr auch ganz ausgezeichnet zu spielen. 
Das ist die kurze Entstehungsgeschichte des „Stille Nacht, heilige Nacht". 
Später wurde dieses Lied auch noch mit einem Vor- und Nachspiel versehen und 
auch instrumentiert; doch wird es für gewöhnlich nur mit Orgelbegleitung gesungen. 
Durch den Orgelbauer Karl Mauracher aus dem Zillertale, der sich mit Gruber 
befreundete, kam das Lied nach Tirol, von wo es durch eine Sängergefellschast 
des Zillertales seine Reise um die Welt antrat, und jetzt auch wirklich in aller 
Welt bekannt ist. Wie uns verschiedene Missionäre und Reisende berichten, wird 
unser Weihnachtslied in allen Erdteilen von den verschiedensten Völkern gesungen, 
und zwar sowohl in deutscher Sprache als auch in Übersetzungen; „Stille Nacht, 
heilige Nacht" ist ein Weltvolkslied geworden. Während der überstandenen vier 
Kriegswinter wurde es auch an der Front von den Soldaten zur hl. Weihnacht 
gesungen in Galizien und Polen, in Serbien und am Isonzo, ans den Bergen 
Tirols und Italiens, in Belgien und Frankreich; es wurde uns berichtet, daß 
manche Krieger sich in den Schützengräben einen kleinen Christbaum bereiteten und 
dann beim Singen unseres Weihnachtsliedes der Heimat und der Familie ge- 
denkend gar manche Tränen vergossen; „Stille Nacht, heilige Nacht" hat also 
in seiner Weise auch den Weltkrieg mitgemacht, hat viel Trost und Freude den 
Kriegern gebracht und immer wieder auch die Sehnsucht nach dem Frieden wach- 
gerufen. 
Franz Gruber war 22Jahre Lehrer in Arnsdorf bei Oberndorf; er kam 
1829 nach Berndorf und wurde dann 1833 als Chorregent und Organist nach 
Hallein bei Salzburg berufen, wo er, nachdem er noch verschiedene kirchliche Ton- 
setznngen verfaßt hatte, im Jahre 1863 starb; er war 76 Jahre alt und hinter- 
ließ zwölf Kinder; ein Enkel desselben, der ebenfalls Franz Xaver Gruber heißt, 
ist Priester und gegenwärtig Chordirektor an der Stadtpfarrkirche zu Merau.
	        
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