Volltext: Sechstes Bändchen (6. 1916)

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Zeiten die Strombauleiter „Hufschlagmeister". Manche Forstordnungen verlangten, 
daß auf bewaldeten Ufern ein Streifen von 3 Klafter Breite für den Treppelweg 
abgeholzt bleibe. Uebrigens gab es auch einzelne Strecken, wo wegen Felsen, verschiedener 
Einbauungen oder Sümpfen weder am rechten noch am linken Ufer ein Hufschlag 
oder Reitweg angelegt werden konnte; da waren dann eine Reihe starker Holzpfahle, 
die „Reitstöcken" ins Wasser geschlagen, an denen sich die Schiffsleute mittels Haken- 
stangen aufwärts zogen und -schoben. 
Auf den „Roßplätten", welche immer auch die vorrätigen Seile trugen, 
wurden die Pferde über den Fluß geführt, wenn der Reitweg sich auf der anderen 
Seite fortsetzte; im Einspringen in die Plätten und Ausspringen aus derselben 
mußten natürlich diese Pferde geübt sein. Zu den berittenen Lenkern dieser „Treiber- 
pferde" eigneten sich nur junge, sehr ausdauernde Leute. 
Die ganze Verantwortung für einen Schiffszug trug der „Vorreiter" ; hatte 
dieser den Zustand des Reitweges schon überhaupt zu untersuchen, so insbesondere, 
ob sich auf vom Wasser überspielten Strecken keine Untiefen gebildet hatten; bei 
diesen Untersuchungen bediente sich der Vorreiter eines langen Stabes. 
Äußerst mühsam, gefährlich und langweilig war so eine Bergfahrt; ungünstiger 
Wasserstand und andere Hindernisse kamen wiederholt inzwischen, so daß manchmal 
8-12 Wochen vergingen, bis ein Schiff wieder zurückkam; fürchterlich mußten die 
Schiffsleute oft ausstehen, bei der schlechtesten Witterung während des Tages auf 
dem Wasser und bei Nacht in den Auen unter Erlengestrüpp, wobei nur der Reit- 
sattel als Kopfpolster diente, da die an verschiedenen Punkten errichteten Holzstallungen 
oder ein Landungsort wiederholt nicht erreicht werden konnte. 
Diese Art des Dienstes brachte es mit sich, daß die Schiffsleute sehr gute 
Löhne erhalten mußten; auch die Zugpferde, welche oft auch von Pferdebesitzern 
streckenweise beigestellt wurden, kamen auf ein hohes Geld; manche Schiffsmeister 
berechneten ihre täglichen Auslagen (samt Sachentwertung durch Abnützung) auf 
300 Kronen. Besonders gut mußten die Ortsnauführer bezahlt werden; alle Flüsse 
hatten nämlich besonders gefährliche Strecken, durch die man die Schiffe von einem 
ortskundigen Schiffmann, der an dieser Strecke wohnte, führen lassen mußte; alle 
diese Linien hatten ihre eigenen örtlichen „Nauführer". 
Auch verschiedene Zoll- oder Mautauslagen hatten die Schiffsmeister zu be- 
streiten, sowie nämlich manche Orte an den Saumwegen von den da durchgeführten 
Waren, wie in einem früheren Beitrag schon erwähnt ist, einen Zoll einheben 
durften, so hatten auch manche Wasserorte dasselbe Recht hinsichtlich der Schiffs- 
ladungen. Und sowie es an den Saumwegen „Stappelplätze" gab, wo die Waren 
abgeladen werden mußten, damit sie genau verzollt werden konnten und auch zum 
Verkaufe bereitstünden, so hatten das gleiche Recht — hier „Anschütt" genannt — 
auch manche Wasserorte auf die Schiffswaren. 
Ein sehr alter und großer Landungsplatz an der oberen Donau war Mars- 
bachzell; von dort führten verschiedene Saumwege ins Innere des Mühlviertels und 
nach Böhmen; für diesen Ort bedeutete es offenbar einen großen Einnahmenentgang, 
als die Neufeldner einen neuen Landungsort, nämlich Obermühl, gründeten (siehe 
Haßleders Geschichte des Marktes Neufelden). Es ist möglich, daß daraufhin Mars- 
bachzell, um das dortige Anlanden einladender zu machen, auf alle Zoll- oder An- 
schüttrechte verzichtete und so dann zu dem Namen Freizell gekommen ist. 
Bei der alten Ruderschiffahrt haben viele Menschen ihr Leben eingebüßt. Die 
Totenbücher der Donaupfarreien weisen durch die Jahrhunderte hindurch eine große 
Menge angeschwemmter Schiffsleuteleichen auf, „unbekannte männliche Leiche, von der
	        
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