Volltext: Sechstes Bändchen (6. 1916)

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erhalten bleibe, so hat es auch bei der Einführung des neuen Maßes hervorragende 
Verwendung gefunden, denn wir haben ja jetzt den „Meter", was dasselbe Wort 
ist und deutsch mit „Maß" gegeben werden muß. 
Die Flüssigkeit wird geschöpft mit dem Eimer, daher der Name dieses 
Geschirres auch Maßname wurde; statt Eimer sagt das Volk häufig noch richtig 
Amper, welches Wort aus dem Griechischen kommt und Krug bedeutet. 
Die oben genannten Maße waren in allen deutschen Gegenden eingeführt, 
aber hinsichtlich ihrer Größe herrschte ganz staunenswerte Verschiedenheit. Wie 
schon erwähnt, wurden die Längenmaße vom menschlichen Körper genommen, wie 
Elle, Fuß, Klafter, und wirklich, so verschieden lang die Arme und Füße der 
Menschen sind, ebenso verschieden groß waren in den einzelnen Gegenden die davon 
abgeleiteten Längenmaße. In alten Zeiten hat man es bezüglich der Maße 
überhaupt nicht so genau genommen wie jetzt; so wurde z. B. schon oben gesagt, 
daß man statt Fuß auch Schuh sagte; nun aber weiß es doch schon ein jedes 
Kind, daß der Fuß und sein Schuh von ungleicher Länge sind. Mit Ausnahme 
der Elle, die in Bayern um 5 cm länger war als in Oesterreich, waren die 
österreichischen Maße bedeutend größer als die bayerischen. Wenn man sich daher 
in Bayern rühmte, daß die Militärmannschaft durchwegs klafterhoch sei und darüber, 
so ist zu wissen, daß die bayerische Klafter bei 1/2 Fuß (genau 15 cm) kürzer war 
als die österreichische, und wenn zur Löschung des bayerischen Durstes oft eine 
ganze Reihe von „Maß" verwendet wurde, so muß man — zur richtigen Beur- 
teilung dieser Trinker — beachten, daß die bayerische Maß nicht einmal drei Viertel 
der österreichischen betrug. Beim Flüssigkeitsmaße war also der Unterschied zwischen 
Oesterreich und Bayern noch viel größer als beim Längenmaße; bei letzterem hatte 
der menschliche Körper doch ein ziemlich ähnliches Richtmaß abgegeben, aber bei 
der „Maß" und ebenso beim Metzen, — der österreichische war fast noch einmal 
so groß als der bayerische — da wurde ohne gemeinsame Regel nur gemessen, 
wie es in den einzelnen Gegenden Gebrauch geworden war; und so herrschte denn 
hier die größte Verschiedenheit, und zwar nicht bloß unter den einzelnen deutschen 
Ländern, sondern auch in ein und demselben Lande. In Oesterreich gab es gleich 
eine Reihe von verschiedenen „Metzen", nämlich der von Schärding, Peuerbach, 
Wels, Steyr und Stockerau. Der Stockerauermetzen faßte vier Steyrermetzen, 
daher ersterer der große und letzterer der kleine Metzen genannt wurde. Obwohl 1753 
für ganz Oesterreich „der kleine Metzen" vorgeschrieben wurde, behauptete sich doch 
noch lange „das Stockerauermaß". Was noch das allerwunderlichste ist, bestand 
sogar öfter auch in ein und demselben Orte verschieden großes Maß, je nachdem es sich 
um eine Getreidegattung handelte. So hatte der bayerische Schäffel Korn 8 Metzen, 
bei Hafer aber 8 1/2; diese Sonderbarkeit scheint ihren Ursprung darin gehabt 
zu haben, daß man in alten Zeiten beim Messen des Hafers, der damals sehr 
gering bewertet wurde, kein „Streichbrett" gebrauchte, den Metzen also nicht 
abstrich, sondern „gupfte". 
Die so große Verschiedenheit der Maße in den einzelnen Ländern und 
Orten war natürlich höchst ungut und wurde von Schwindlern sehr ausgenützt. 
Als nun in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts das neue für alle Länder 
und Orte einheitliche Maß eingeführt wurde, so bedeutete das einen großen 
Fortschritt für Bequemlichkeit und gerechten Handel. „Seitdem der Bauer das 
Maß versteht, läßt sich nichts mehr verdienen", so hörte man damals oft, und 
diese Worte galten als Witz, waren aber kein Witz im Munde bekannter Schwindler. 
Das neue Maß brachte auch eine große Leichtigkeit des Rechnens, da es auf der
	        
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