Volltext: Sechstes Bändchen (6. 1916)

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Außer der Haidenpeunt wurde fast um die gleiche Zeit die Rübenpeunt und 
im August die Krautpeunt ausgesteckt. In den Marktgerichtsraitungen werden 
öfter „Krauthüter" erwähnt. Vielleicht war die Sicherheit, die man durch das 
Einfrieden und Bewachen erreichte und der oft herrschende Mangel an Wegen 
zwischen Marktgerichtsraitungen einzelnen Feldern auch eine Ursache des Flurzwanges. 
 
Geistliche Schauspiele und das letzte derselben in 
unseren Kirchen. 
(Von Johann Si gl, Pfarrer i. R.) 
 
Im 11. Jahrhundert fingen Priester an, aus dem Wortlaute der gottes¬ 
dienstlichen Lesungen, zumal des Weihnachts- und Osterfestes, in der Kirche ein- 
zelne Stellen, Fragen und Antworten, abwechslungsweise zu singen, wobei mit 
diesem Gesang bald auch entsprechende Handlungen und bildliche Darstellungen ver- 
bunden wurden. So trat z. B. in der Christnacht ein Priester, mit seinen kirch- 
lichen Gewändern angetan, als englischer Bote auf, begab sich zu den übrigen 
Geistlichen in der Kirche, welche die Hirten darstellten, und verkündigte diesen 
singend die große Freude von der Geburt des Weltheilandes, wobei er hinwies 
auf einen Seitenteil der Kirche, wo eine Weihnachtskrippe aufgestellt war. Die 
mit der frohen Botschaft Beglückten gingen nun sogleich zu dieser Krippe, vor der 
sie niederknieten, um die Güte des erschienenen Erlösers in verschiedenen Liedern 
zu preisen. In der Osternacht hinwiederum traten drei Priester in ihrer kirch- 
lichen Kleidung auf und gingen, die frommen Frauen, welche den Leichnam des 
Herrn salben wollten, darstellend, zum aufgerichteten heiligen Grabe, wobei sie auf dem 
Wege sich fragten, wer ihnen wohl den Stein vom Grabe entfernen werde; bei 
diesem aber saß in weißem Gewände und einen Palmenzweig haltend ein anderer 
Priester, der ihnen als Engel verkündete, der Heiland sei schon auferstanden und 
zum Beweise hiefür das leere Leichentuch zeigte. Das war der Anfang der 
„Geistlichen Schauspiele", welche nach und nach eine großartige Entwicklung 
erhielten. 
Zunächst wurden diese Spiele immer mehr erweitert, zumal das Osterspiel 
erhielt als Einleitung verschiedene Darstellungen aus der Leidensgeschichte Christi, 
also ein Passionsvorspiel. Bei der vielfachen Erweiterung dieser geistlichen Spiele 
wurde aber allmählich nicht mehr bloß der Belehrung und Erbauung, sondern auch 
der Schaulust und Erheiterung des Volkes in der Kirche Rechnung getragen; aus 
diesem Grunde dürften aber jetzt diese Spiele über Auftrag kirchlicher Behörden 
nur mehr außer der Kirche aufgeführt werden; sie wurden jetzt auf immer mehr 
geistliche Gegenstände ausgedehnt und auch Laien (Nichtpriester) beteiligten sich nun 
als Spieler. 
Ein eigenes Weihnachtsschauspiel war um die Mitte des 16. Jahrhunderts 
auch im oberen Mühlviertel entstanden, welches unter dem Namen Peilsteinerspiel 
bekannt wurde. 
Durch die verschiedenartigen Spieler wurden nun aber in diese geistlichen 
Spiele wiederholt auch ganz unpassende Dinge gebracht, komödienhaftes und lächer- 
liches, arge Derbheiten und ganze Jahrmarkts-Streitereien und Prügeleien und
	        
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