Volltext: Viertes Bändchen (4. 1914)

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hätte. Das Fürwort der Kaiserin erwirkte nun, daß der Kaiser dem Kloster oder 
der Abtei Niedernburg unter anderen Begünstigungen auch die Waldgegend zwischen 
der Ilz (bei Passau) und der Rottel (bei Ottensheim) zuwies; von der genannten Abtei 
ging dieses Gebiet an das Hochstift, d. h. die Bischöfe von Passau, über, welche, da 
schon viele Siedler gekommen, wieder verschiedene Landstriche an einzelne Edelleute 
zu Lehen gaben, die sich zu ihren Wohnsitzen Schlösser erbauten. So entstanden 
die Herrschaften Marsbach, Haichenbach, Tanberg, Sprinzenstein, Berg bei Rohrbach 
und so weiter. Durch diese Herrschaften kam Ordnung in die neuen Siedlungen 
welche fortwährend in unserer Gegend durch Zuwanderung bayerischer Verwandtschafts- 
familien (Sippen) unter Führung der Verwandtschaftsoberhäupter erfolgten. 
Besehen wir uns nun die Gründung eines neuen Dorfes an einem Beispiele. 
Ein gewisser Lambert kam um das Jahr 1200 mit seiner Verwandtschaft, in der 
sich weitere vier selbständige Familien befanden, aus dem übervölkerten Bayernlande 
ins obere Mühlviertel, das für neue Bewohner noch übergenug Raum hatte. Lambert 
erhielt von der Herrschaft, in deren Lehensgebiet er siedeln wollte, beiläufig den Platz 
der neuen Niederlassung und die zu benützende Bodenfläche angewiesen. Lambert, 
dessen Vorfahren ja schon seit wenigstens 500 Jahren christlich waren, begann in 
Gottes Namen die Arbeit mit den nötigen Rodungen. Da seine Verwandtschaft aus 
fünf Familien bestand, so ordnete er die Erbauung von fünf neben einander stehenden 
Häusern an. Das war jetzt ein Dorf, man nannte es Lamberts-Dorf, jetzt Lampersdorf. 
Die ersten Häuser waren äußerst einfach, indem ein jedes nur aus einem einzigen 
überdachten Raum bestand, in welchem die Familie wohnte und in dessen Hintergrunde 
auch das wenige Weidevieh Platz gefunden hatte. Dieser erste Anfang dauerte 
natürlich nicht lange, indem sich bald das Bedürfnis herausstellte, an diesem „Hause", 
d. h. an diesem einzigen Raum Anbauten zu machen, Schlaf- und Vorratskammern 
für die Familie, aber auch Stall- und Futterstadel für die Tiere. Alle diese Zubauten 
waren vom „Hause" aus zugänglich und obwohl der letztgenannte älteste Raum 
jetzt eigentlich nur mehr ein Gang war, so blieb ihm doch der Name „Haus" und 
das bis zum heutigen Tag, höchstens daß die Bezeichnung „Vorhaus" dafür entstanden 
ist. Die dem Lambertsdorfe zugewiesene Grundfläche war gemeinsames Eigentum 
der fünf Dorffamilien, sie holten sich das notwendige Holz aus dem „Gemein"-Walde 
und trieben ihr Vieh auf die gemeinschaftliche Dorfweide. Zum Zwecke geregelter 
Grundbebauung mußte aber vom Dorfoberhaupte den einzelnen Familien durch das 
Los ein Teil des gemeinsamen Ackerfeldes zugewiesen werden; das war der Anfang 
zu dem großen Werke der Dorfgründeverlosung, das unsere Vorfahren unter Leitung 
der Herrschaften geschaffen und das im allgemeinen noch heute Bestand hat nach 
mehr als 700 Jahren. 
Bei dieser Grundverteilung sollte jede Familie gleichviel Grundbesitz aber auch 
gleichwertigen Grund erhalten; ersteres wäre leicht gewesen, keineswegs aber letzteres 
da die Grundlage schon überhaupt ungleicher Güte ist und im Mühlviertel überdies 
bei der so großen Unebenheit des Bodens der Unterschied zwischen den sonnigen 
Gründen und denen auf der Schattenseite sehr zur Geltung kommt. Bei diesen 
Verhältnissen konnte den einzelnen Familien gleich großer und gleich guter Grund 
nur dadurch zugewiesen werden, daß man bei den Feldern und Wiesen die ver¬ 
schiedenen Grundgattungen — die besseren, mittleren, schlechteren — in Streifen 
zerlegte und jeder Familie die gleiche Anzahl solcher Streifen aus jeder Grundgattung 
zuteilte. Welche Streifen aus den einzelnen Grundlagen den einzelnen Familien zukommen 
sollten, darüber entschied das Los, daher man die zugefallenen Grundstreifen Luß 
nannte oder auch Gewanne, weil man sie eben bei der Verlosung gewonnen hatte.
	        
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