Volltext: Viertes Bändchen (4. 1914)

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Die Herrschaft Pürnstein gelangte später an den trefflichen Karl von Har rach.1) 
Treu und festhaltend am Glauben seiner Väter, voll Eifers Gottes Ehre in dieser 
Weise unter den Menschen zu vermehren, stellte er nicht nur die alte Stiftung 
wieder her, sondern erklärte auch 1611, daß er die Stiftungszehente der Kirche 
auf ewige Zeiten einverleiben und dem Stifte St. Florian übergeben wolle mit 
einem Kapital von 1000 fl. zu 6% vom Aufschlage zu Engelhardszell.2) Die 
Uebernahme von Seite des Stiftes St. Florian ging vor sich am 11. September 1611. 
Am 30. desselben Jahres und Monates wurde der Stiftbrief ausgefertigt des Inhaltes, 
„daß Karl von Harrach beim Verkaufe von Pürnstein sich die Kirche St. Anna 
samt Zehent und einer Behausung vorbehalten und dieses alles St. Florian 
eigentümlich übergeben habe, mit einem Kapital von 1000 fl. auf die Bedingung, 
daß der Pfarrer zu St. Peter alle Quatember ein Seelenamt halte und eine Spende 
von 2 fl. an die Armen austeile." 
Im Reverse des Propstes Veit heißt es ausdrücklich, daß Harrach alle diese 
Anordnungen nur darum getroffen habe, weil er wolle, daß die Kirche fortan 
katholisch besungen werde. Dr. Matthäus Schroff, Pfarrer zu St. Peter, verrichtete 
nun den Gottesdienst der Stiftung gemäß. Dem (späteren) Besitzer von Pürnstein, 
dem rohen Karl von Jörger, war der klare Kaufkontrakt und die darin eingegangene 
Verbindlichkeit nicht im geringsten bedenklich. Schon 1612 verkaufte er die Wiese 
und den Garten des Pfarrhauses dem Wirte in Steinbruch, verbot seinen Untertanen, 
den Zehent der Kirche zu entrichten und ging auch damit um, die Glocken der Kirche 
nach Pürnstein bringen zu lassen. Seine Antwort auf die Protestation des Propstes 
in St. Florian war ein Auszug aus dem Kaufkontrakte, indem er aber die auf 
gegenwärtige Rechtsfrage bezüglichen Dinge, welche doch ausdrücklich genannt waren, 
ausließ. In jenen Zeiten hatte Recht, wer im Besitze der Gewalt war, und so 
mußte sich endlich Propst Leopold im Jahre 1617 mit Jörger so gut als möglich 
abfinden. Jörger hatte alle Zehenten an sich gerissen und alles so durcheinander 
gewickelt, daß sie nie mehr an die Kirche konnten zurückgebracht werden. 
Durch Kaiser Ferdinand II. nahm endlich die Jörgersche Herrlichkeit ein 
Ende. (Vgl. Beschr. d. Pfarre Ottensheim und Puchenau.) 
Im Jahre 1778 wurde behufs der Abhaltung des sonn- und feiertäglichen 
Gottesdienstes zu St. Anna in Steinbruch in St. Peter ein zweiter Kaplan angestellt, 
welcher am Neujahrstage 1779 den ersten Gottesdienst verrichtete. 
Infolge einer Bittschrift der Bauern von der Umgebung erging bald nachher 
an St. Florian der dringende Befehl, „ohne jeglicher Einwendung und auf der 
Stelle bei dem Wirtshause in Steinbruch eine Schule zu bauen." Die gegründetsten Vor¬ 
stellungen wurden keiner Aufmerksamkeit wert gehalten. Es wurde also gebaut. St. Florian 
hatte schon für Materiale und Arbeit an 500 fl. ausgelegt. Als nun auch die Bauern 
gesetzlich die Zug- und Handrobot leisten sollten, bewiesen sie in einer Bittschrift an 
dieselbe Regierung, daß eine Schule unnötig sei, daß der Bau wieder eingestellt werden 
möchte und bemerkten, daß sie von der ersten Bitte nichts wüßten. Nicht bloß die 
schon gemachten Auslagen sollte St. Florian büßen, sondern überdies noch Ersatz 
leisten für den Ausfall von Heu von dem Platze, auf dem das Materiale gelegen 
hatte. Die Sache kam bis zur Hofstelle und dort erst fand St. Florian Recht. 
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1) Hormayers histor. Taschenbuch 1829, Seite 82. 
2) Dieses Kapital wurde anfangs von Engelhardszell aus mit 60 fl. jährlich verzinst. 
Als der Aufschlag vom Staate wieder eingelöst worden, entrichtete das Vitzdomamt, dann 
das Salzoberamt zu Gmunden den jährlichen Zins. Endlich wurde 1769 das Kapitel zurück- 
bezahlt und in eine landschaftliche Obligation verwandelt.
	        
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