Volltext: Zweites Bändchen. (2. 1913)

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Aepfel auf den Tisch und diesen wurde mehr zugesprochen als dem Fleische, von 
dem sich am nächsten Tage bei der Abreise die Franzosen gehörige Stücke mit¬ 
nahmen. Auch unser Johann mußte am nächsten Tage mit dem Fuhrwerke und 
Pferdegespann seines Vaters mitziehen. Da er in seiner Kleidung nicht gegen die 
Unbilden der Witterung gehörig geschützt war, gaben ihm die Franzosen einen 
Winterrock und was er sonst brauchte. So blieb er volle sechs Wochen im Dienste 
der Feinde, bei denen es ihm ganz gut ging. Auch die Pferde wurden gut 
gehalten. Begreiflicherweise hatte Johann Kraml trotzdem Sehnsucht nach der 
Heimat. Mit Hilfe eines Wirtes zu Langenlois (nördlich von Krems in Nieder¬ 
österreich) gelang es ihm, heimlich mit dem Gefährte zu entkommen. Er schlug die 
Richtung gegen Linz ein. In der Nacht kam er in einen Wald und bemerkte zu 
seinem Schrecken, daß er von der Straße abgekommen sei und die Schneebahn, 
auf der er sich befand, zum Transporte von Scheitern und Langholz diente. Er 
deckte die Pferde gut zu und wartete ängstlich auf den Morgen. Da brachten ihn 
Holzarbeiter wieder auf den richtigen Weg. Am Abende dieses Tages hielt er bei 
einem Gasthause, um zu nächtigen. Einem anwesenden französischen Offizier, der 
nach dem Friedenschlusse (14. Oktober zu Schönbrunn bei Wien) in seine Heimat 
zurück wollte und ebenfalls den Weg nach Linz einzuschlagen im Sinne hatte, war 
dies eine erwünschte Gelegenheit. Er ließ dem Jüngling zu essen und zu trinken 
geben und auch die Pferde auf seine Kosten gut versorgen. Außerhalb Linz stieg 
der Offizier ab, begleitete aber Kraml in der Furcht, daß dieser bei den Wacht¬ 
posten an der Brücke einen Anstand haben könnte, dorthin. Der Junge konnte 
ungehindert passieren und gelangte glücklich nach Hause. 
Dieses Erlebnis wurde mir von Leopold Weinbauer, Besitzer des Hauses Nr. 7 
zu Eck, Ortschaft Wiesen, Gemeinde Marsbach, in der Pfarre Hofkirchen erzählt. 
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Die Zerstörung einer Bildergalerie. 
(Von Heinrich Wöß in Julbach.) 
Meine Mutter war eine Tochter des alten Steinmüllers zu Ulrichsberg. Wir 
kamen als Buben natürlich öfter dorthin. Es war immer ein Freudentag, wenn 
wir unsere gleichaltrigen Vettern in der Steinmühle besuchen durften. Die große 
Mühl im Gegensatze zur kleinen, das breite Tal hatten etwas Großartiges für 
uns, wir fühlten uns förmlich in einer anderen Welt. Die kleine Mühl mußte 
erst gestaut werden, um zum Baden und Schwimmen Gelegenheit zu geben, hier 
war es schon gefährlich, den Wehrgraben zu durchschwimmen und einem großen 
Hecht nachzustellen. Alles war hier für uns interessant. Das große Gebäude mit 
den vielen Stuben und finsteren Kammern bot unserer Phantasie den weitesten 
Spielraum; besonders das sogenannte Stöckl, ein einstöckiges, unbewohntes, damals 
ruinenhaftes Bauwerk mit seinen erblindeten, zerbrochenen Fenstern und etlichen fast 
unzugänglichen Kammern, worin viel Gerümpel lag, war für uns anziehend. Um 
in den ersten Stock zu gelangen, war schon eine Kletterpartie notwendig, denn die Stiege 
war abgerutscht und mit Geröll bedeckt. Das Stöckl kam uns wie eine alte Ritter¬ 
burg vor, in der wir Entdeckungsfahrten unternahmen und auf Abenteuer ausgingen. 
Eines Tages wurde das erste Stockwerk im Sturme genommen, die Stiege 
erklettert, eine verschlossene Türe erbrochen und, was wir suchten und fanden, war 
alles nach unserm Geschmack. Schon wollten wir wieder Kehrt machen. Der eine
	        
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