Volltext: Zweites Bändchen. (2. 1913)

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und der Kaiser hatte ihn huldreich erhört und ihm einen Schimmel zukommen lassen. 
Das war der hochwürdige Herr Adalbert Fiedler, derselbe, der einst dort, wo ich 
mich in Kinderjahren als Hirtenknabe herumgetummelt, am Galgenplatze auf der 
"Scheib'n" als Seelenhirte seines Amtes gewaltet und einem in die Irre gegangenen 
und reuig zurückgekehrten Schäflein in Not und Tod frommen Beistand geleistet hatte. 
 
Ein Todesurteil von 1778. 
(Von Gottfried Vielhaber.) 
Im Anschluß an den vorhergehenden Artikel möchte ich die geehrten Leser 
mit dem Wortlaute eines Todesurteils bekannt machen, das im Juni 1778 zu 
Schlägl, wo die alte Hinrichtungsstätte der sogenannte Galgenhübel, östlich des 
Stiftes, war, vollzogen wurde. Es ist auf sehr schlechtes Papier auf einen zwei Blätter 
umfassenden Bogen in Oktav gedruckt. Vor dem Titel befindet sich ein roher Holzschnitt, 
der einen mit zwei Kornähren überwachsenen Totenkopf, das zerbrochene Schwert, 
Galgen und Rad darstellt mit dem Spruche: Sic judicatur (so ergeht das Gericht). 
Das Ganze scheint eine Art Flugblatt zu sein, wie solche bei Hinrichtungen aus¬ 
zugeben gebräuchlich war. Es lautet: 
„Todesurtheil, samt anhangendem Verbrechen, welches an dem bey dem 
Landgericht des löbl. Stift, und Kloster Schlögel in puncto furti qualificati 1) 
verhaften Joseph N. 2) so 22. Jahre alt, katholischen Glaubens, ledigen Standes, 
keiner Profeßion, und von Oberkappel unter der Herrschaft Rannariedl gebürtig ist, 
den 4ten Brachmonats 1778 vollzogen wird. 
Inhalt seines Verbrechens. Gleichbesagter Uebelthäter hat in der mit ihme 
der rechtlichen Ordnung nach fürgegangenen Criminal - Untersuchung eingestanden, 
daß solcher 
Erstens: in Gesellschaft eines sicheren Johann N. so aus dem Bistum Passau 
zu seyn vorgegeben, den 17ten Weinmonats 3) abgewichenen Jahres in dem Markt 
Bründel 4) Landes Böheim Nachtszeit zwey Krammerstände beraubet, da erwehnter 
Johann N. die zwey angehangene Schlösser mit einem Messer eröfnet, sofort sich 
in solche hinein verfüget, und dem Inquisiten verschiedene Kaufmannswaaren heraus¬ 
gegeben, welche sie unter sich getheilet. 
Zweytens: Der Delinquent, und obbemeldeter sein Lastergehülf am Tage nach 
Theresia vorigen Jahres abermalen bey der Nacht zu einer Mühle, nächst Mühlbach,5) 
unter der Herrschaft Engelstein in Niederösterreich gekommen, allwo erwehnter Johann 
bey der Thür des an die Mühl angebauten Stübels mit einem Messer das an¬ 
hangende Schloß eröfnet, sie beyde sodann in gedachtes Stübel hinein gegangen, 
die darinnen gestandene Truchen heraus getragen, solche erbrochen, und aus dieser 
verschiedene Kleidungsstücke, und Fahrnussen geraubet: ferners und 
Drittens: derselbe, und berührter Johann N. in dem Dorf St. Martin,6) 
unter der Herrschaft Weytra in Unterösterrcich in ein offen gestandenes Hause ge¬ 
kommen, daselbst erlauter 7) Johann einen verspörrten Kasten (Vinculatus ohnwissend, 
wie)8) eröfnet, aus welchem Malefikant Leinwath, und Wolle entfremdet: ebenfalls und 
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1) Wegen Diebstahls unter erschwerenden Umständen. - 2) Die Namen der Verbrecher 
werden nicht ausdrücklich bezeichnet, sondern dafür N.=Name gesetzt.- 3) Oktober. - 
 
4) Brünnl, Bezirkshauptmannschaft Kaplitz, Gerichtsbezirk Gratzen. - 5) Pfarre Großpertholz, 
Bezirkshauptmannschaft Gmünd Gerichtsbezirk Weitra. - 6) Bezirkshauptmannschaft Gmünd, 
Gerichtsbezirk Weitra. - 7) Wohl „benannter". - 8) Der Verhaftete weiß nicht, wie.
	        
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