Volltext: Zweites Bändchen. (2. 1913)

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die mit roten Fleckerln geziert sein mußten und das große Himmelbett mit 
schweren Federtuchenten, die mit langen seidenen Bändern versehen waren. Die 
weibliche Kleidung bestand ans einer Joppe von Nißling (in grobes Leinen ein¬ 
gewebte Schafwolle), einem leinernen Kittel mit roten oder blauen Blümchen und 
einem roten Kopftuche, dessen Enden aus der Stirne zusammengebunden wurden. 
Dazu kam noch eine kurze, weite Schürze. Die Männer trugen lange Wadenstiefel, 
die rückwärts eine Quaste hatten, lederne, mit Pfauenfedern künstlich ausgenähte 
Hosen, eine bis zum Halse zugeknöpfte Weste, einen kurzen Rock, der wie die Weste 
mit großen, weißen Knöpfen besetzt war, und um die Mitte einen großen verzierten 
Ledergurt. Die meisten waren so sparsam, daß sie außerhalb des Pfarrortes die 
Stiefel an einem Stock über den Achseln trugen. Nicht selten bekam selbst ein sehr be¬ 
jahrter Mann denselben Anzug, den er als Bräutigam getragen hatte, mit in die 
Grube. Es galt das schöne Sprichwort: 
„Selbst gesponnen, selbst gemacht 
Ist die schönste Bauerntracht." 
Da Ackerbau und Viehzucht bei weitem nicht in dem Maße wie heute be¬ 
trieben wurden, so hatte man viel mehr freie Zeit. Im Sommer ergötzte sich die 
Jugend abends im Freien vor den Häusern an verschiedenen einfachen ländlichen 
Spielen, von denen ich das sogenannte „Zögerflicken" erwähnen will. Es bestand 
in nichts anderem, als daß sich mehrere Paare bildeten, deren hinterstes immer 
den vorderen durch die aufgehobenen, einander gereichten Hände lief, was mit 
Ausdauer längere Zeit hindurch fortgesetzt wurde. Einen Hauptspaß der Burschen 
bildete es, des Nachts am unteren Ende des Dorfes ein Seil zu spannen und 
Kameraden, die auf Liebesabenteuer ausgingen, dadurch zum Falle zu bringen. Im 
Herbst hatte man bald ausgedroschen. Dann ging bei Weibs- und Mannsleuten 
das Spinnen und Weben an. Es wurde oft halbe Nächte hindurch gesponnen und 
gewoben. Die Leinwand konnte man gut verkaufen. Es wurde so mancher durch 
diesen Handel ein reicher Mann. Ein Strähn Garn kostete einen Silberzwanziger. 
Leider ist die Bauernweberei fast ganz in Abgang gekommen. Doch ließe sich auch 
noch heutzutage damit ein Geschäft machen. So erzählte mir ein Hausierer, daß er 
in Steiermark einen Meter Mühlviertler Bauernleinwand um 60 bis 70 Kreuzer 
anbringe. Wenn auch die bäuerliche Arbeit weit mehr geworden ist als in der 
„guten alten Zeit", so sollte doch der Flachsbau und die Weberei nicht ganz ver¬ 
nachlässigt werden. Mit diesem wohlgemeinten Wunsche endige ich meinen Plausch 
von der alten Zeit und Sitte. 
* * 
* 
Die „goldenen Samstage". 
(Von Gottfried Vielhaber.) 
Der Mühlviertler wallfahrtet gerne. Er tut dies teils aus religiösem Be¬ 
dürfnisse, teils um wenigstens auf einige Stunden oder Tage dem drückenden 
Einerlei des ewig gleichen Dorflebens zu entrinnen. Besonders beliebte Wallfahrts¬ 
tage sind bei uns die sogenannten „goldenen Samstage." An diesen kann man 
in Pfarrkirchen mit seiner merkwürdigen Loretto-Kapelle oder am Maria Trostberge 
bei Rohrbach (um nur zwei besonders besuchte Orte des obersten Mühlviertels zu 
nennen) zahlreiche Scharen frommer Beter und Beterinnen antreffen. Gewiß werden 
sich manche von diesen und auch sonst andere die Frage vorgelegt haben, woher 
denn dieser Brauch und der Name „goldene Samstage" komme. Das Verdienst, diese
	        
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