Volltext: Zweites Bändchen. (2. 1913)

— 13 — 
Den Zarghof kaufte um 8761 fl. ein gewisser Neudorfer aus Unterthiergrub, 
Pfarre Peilstein. Dieser wußte sich ausgezeichnet zu helfen, indem er neun Joch 
Wiesengrund, wo jetzt die Zargbleiche steht, um 9000 fl. verkaufte und um das 
Jahr 1855 um 6000 fl. Holz schlagen ließ. Zuletzt übergab er das Haus um 
10.000 fl. seinem Sohne Peter Neudorfer. Mit diesem aber begann eine ganz 
andere Periode. Dieser Peter holte sich seine erste Gattin, eine brave Person mit 
viel Geld, aus Stuben bei Schwarzbach in Böhmen. Dieser Ehe entstammte ein 
Sohn Leopold, der nach dem frühen Tode seiner Mutter von ihr 4200 fl. erbte. 
Doch wurde, als Leopold großjährig geworden war, dieses Erbgut von ihm ver- 
jubelt, er begann nachdenklich zu werden und kam schließlich ins Irrenhaus. Doch 
besserte sich sein Zustand, er trat bei verschiedenen Bauern in den Dienst, wurde 
lungensüchtig und starb höchst hilfsbedürftig. Mittlerweile hatte der Vater Leopolds 
eine zweite Ehe eingegangen. Er heiratete abermals eine aus Böhmen, die ihm 
wieder schweres Geld zubrachte. Sie trug auch an Wochentagen einen echt goldenen 
Halsschmuck und ein seidenes Kopftuch. Leider war unser Peter Neudorfer ein 
Spornritter ersten Ranges. Wenn er gar zu stark ausartete, so konnte er dadurch 
am ehesten zur Vernunft gebracht werden, daß man ihm drohte, ihn bei seinem 
Schwiegervater zu verklagen. Er hatte einst zwei schöne Pferde (Mohrenköpfe) und 
einen neuen Wagen. Als bei Bischof von Budweis in Friedberg in Böhmen einmal 
firmte, fuhr der Zargbauer mit einem Firmling dorthin. Als das noble Gespann 
in die Nähe des Marktes gekommen war, begannen alle Glocken am Kirchturm 
zu läuten, weil man seinen Wagen für den des Bischofs hielt. Es wäre wirklich 
ein dickes Buch zu beschreiben, wenn man alle Stücke, die er sich geleistet hat, er- 
zählen wollte. An einem Sonn-- und Feiertag hatte unser Peter Neudorfer ge¬ 
wöhnlich einen Riesenrausch, so daß nicht selten die Pferde ihn verloren und ohne 
ihn in den Stall zurückkehrten. Da lag er denn da im Straßengraben, die offene 
Brieftasche neben sich, so daß jeder, der wollte, sich überzeugen konnte, daß er viel 
Geld bei sich habe. Nach dem Tode seiner zweiten Frau ging er eine dritte Ehe 
ein mit einer Tochter von der Glaxmühle in der Pfarre Deutsch-Reichenau in 
Böhmen. Von dieser seiner dritten Gemahlin hatte er nicht weniger als 15 Kinder. 
Trotz aller Verschwendung des Besitzers war der Zarghof nicht zu ruinieren. Zum 
Getreidetransport hatte Peter Neudorfer einen eigenen nur hiefür bestimmten Wagen. 
Getreide gab es bei ihm, trotzdem er neun Jahre lang nicht düngte, in Hülle und 
Fülle, das Vieh war im trefflichsten Stande. Wenn er Getreide anbaute (beim 
Säen mußte ihm die Bäuerin helfen), stand an jedem der vier Ecken des Feldes 
ein Bierkrug und der Rausch nahm die ganze Woche kein Ende. Am Karfreitag 
beging er alle seine Felder und besprengte sie mit Weihwasser. Das Deikönigs- 
wasser durfte nur von Deutsch-Reichenau sein, wobei ihm der Bote öfters einen 
Possen spielte und statt des geweihten Wassers ihm ein aus einem nahen Bache 
geschöpftes brachte. Besonders lästig war er am Sonntag früh. Die Knechte mußten 
vorspannen und dem Bauern auf den Wagen helfen, zu dem die Bäuerin den 
Kaffee bringen mußte. Bei seiner oft späten Rückkehr war er ebenso unangenehm. 
Wehe, wenn das Weib sein Heimkommen übersah. Da lag er gar oft im Garten 
auf dem Rasen, sie mußte ihm aufhelfen, dann fiel er wieder um und die Plage 
nahm kein Ende. Die Knechte mußten Zeug und Wagen putzen, wofür sie oft 
derbe Ohrfeigen ernteten. Wenn sie dann am Montag erklärten, den Dienst verlassen 
zu wollen, bewog er sie durch die Spende einiger Silbergulden zum Bleiben. Trotz 
aller seiner Ausschreitungen befand sich Peter Neudorfer in so günstigen Geldumständen, 
daß er die unfern gelegene Zwettlmühle ankaufen konnte und Hofmüller wurde. Von
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.