Volltext: Erstes Bändchen. Beiträge zur Landes- und Volkskunde des oberen Mühlviertels. (1. 1912)

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von den Leuten, die mich ob meines Mutes lobten und bewunderten. Da kam 
auch meine Mutter und fiel mir vor Freude um den Hals — — und in diesem 
Momente verjagte mir das: „Auf! Auf! Die Schuhe mußt du putzen! in ent- 
stzlich prosaischer Weise das wunderschöne, wohlige Bild. 
Nach dem Mittagessen endlich sagte ich zur Mutter: „Darf ich die ich jetzt holen. 
„Aber paß heute besser auf als gestern!" 
Als ich im Dorfe bei unserem Bauern in die Stube trat, waren die Leute 
eben um den eichenen Tisch zum Essen versammelt. Eine Magd rief mir mit 
schneidiger Stimme zu: „Aber heut bist fruah da!" 
"Ja denk da, er möcht d'Stadlhenn vertragen," bedeutete ihr der Knecht. 
Daß es wirklich dazukommen sollte, hätte er nicht geglaubt. Ermunternde Zurufe 
wechselten mit warnenden Mahnungen ab. Aber ich blieb standhaft; die Ehre 
und die Krapfen machten mich unerschütterlich. 
Das Essen war fertig und bald hörte man aus dem Stadl des Bauern 
und aus dem des Nachbarn den gleichmäßigen Schlag der Dreschflegel. Unterdessen 
lugte ich durch ein Hintertürchen und hielt Ausschau. Da lag in der Nähe die 
Stelle, wo heute mein Glück oder Unglück entschieden werden sollte. Nach einiger 
Zeit rief mich der Bauer, nahm mich in die Stube hinein und machte mir eine 
schöne große Henne. Hektor und Achilles mochten vor dem Zweikampf ihre Lanzen 
nicht gewichtiger und ernster geprüft haben, als ich dieses Ding. 
Endlich sollte das Dreschen zu Ende gehen. Mein Herz schlug höher, mir 
wurde heiß. Da ward mir eine Drischl gegeben und fest tat ich den letzten Schlag. 
Eine Magd wollte noch warnen, aber der Knecht verwies ihr dies; er gab mir 
den Rat, gleich zu gehen, da man aus dem Schlage erkenne, daß die Drescher in 
der Nachbarscheune sich der Hofseite näherten und der Augenblick günstig wäre. 
Klopfenden Herzens eilte ich aus dem Stadel, ging den Weg entlang, als 
ob nichts wäre, das gefährliche Wurfgeschoß hinter dem Rücken haltend, war schon 
bei dem Stadel, blieb einen Moment stehen, um mich zu überzeugen, ob die 
Drescher am anderen Ende wären — das Herz schlug zum Zerspringen. 
Dann schleuderte ich mit einem Schrei die Henne in den Stadel und lief, so 
schnell mich die Füße tragen konnten. "Da Schulmoastabua!" rief es es mir. Und gleich darauf hörte ich auch 
schon die scheltenden Drohrufe eines Knechtes, der mir nachsprang. Die Schritte kamen 
immer näher. Ich spürte schon den Ruß - da fingen mich die Leute des Bauern, 
die vom Stadeltor aus den Wettlauf verfolgt hatten unter lauten Freudennrufen auf, 
wiesen energisch meinen Verfolger zurück, der auf ihrem Boden kein Recht mehr auf 
mich hatte, und im Triumph wurde ich in die Stube mehr getragen denn geführt. 
Die Bäuerin verschwand in der Kammer. Der Bauer aber sagte : 
"Bua, du gfreust mi; am Sunnta is z'Hasla da Kirta; da kriagst oan!" 
Da öffnete sich die Kammer, ich sah nicht das strahlende Gesicht der guten Frau, ich 
sah nur die herrlichen Krapfen. Nun litt es mich nicht länger. Atemlos kam ich nach Hause. 
Was hast du denn, um Gottes Willen? Keine Milch rief die Mutter. In 
sprudelnden Worten, ohne rechten Zusammenhang erzählte ich meine Heldentat. 
Einen herzlichen Kuß — den gab mir meine Mutter als Antwort. 
Das war das erste Mal, daß ich die Stadelhenne warf, es war aber auch 
das letztemal. Denn das nächste Mal hätte man mich sicher nicht so leichten Kaufes 
davon kommen lassen, sondern man hätte schwarz gemacht den verwegenen 
„Schulmoastabuam mit da Stadlhenn." 
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