Volltext: Erstes Bändchen. Beiträge zur Landes- und Volkskunde des oberen Mühlviertels. (1. 1912)

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im Bunde. Man beobachtete den Fremden Sonntags am Platze, ob man nicht 
einen Bockfuß oder Hörner an ihm entdecken könnte. Einer sagte sogar bestimmt, 
der Teufel könne es nicht sein, denn sonst müßte er durch die Nase reden, und 
das leuchtete allen ein. Aber sie glaubten, daß der unheimliche Gast vom Teufel 
besessen sei. Man bestürmte nun den Pfarrer, er solle den bösen Feind austreiben. 
Doch dieser versuchte die Leute zu beschwichtigen: Wartet nur zu, es wird sich noch 
alles ganz natürlich erklären. Doch man war schon zu weit, es half keine Ausrede 
mehr und schließlich meinte der Pfarrer: Das kann nur ein Geistlicher tun, der 
nie eine Sünde begangen hat. Man verfiel nun auf den Pfarrer einer fremden 
Gemeinde. Diesem ging der Ruf eines heiligmäßigen Mannes voraus. Es hieß von 
ihm, er habe in seiner Pfarrgemeinde, wo mehrere zum Protestantismus hinneigten, 
dieselben dadurch bekehrt, daß er den Martin Luther beschworen habe zu erscheinen, 
und daß dieser wirklich erschien, geführt vom Teufel, ganz schwarz und verdammt. 
Diese Geschichte wird von Philipp Kogler erzählt (f 16. Oktober 1827 als Pfarrer 
zu Ranariedl). Nach vielem Bitten und Zureden ließ sich dieser Pfarrer endlich 
herbei, die Julbacher vom Teufel zu befreien. Er beschwor den Bösen in dessen 
Hauptsitz am Drosselstein. Der Teufel mußte erscheinen. Unter Gestank und Schwefel¬ 
geruch stampfte er mit seinem Hufe noch auf den Felsen, bevor er den Ort verließ 
und grub das Zeichen seines Fußes auf ewige Zeiten in den Stein ein. Dann 
nahm er Reißaus nach dem Rachelsee im Böhmerwald, wo er in einen Schrein 
verwandelt noch weiter fortleben muß. Dem fremden Pfarrer aber hinterließ er 
einen Denkzettel. Dieser mußte von da an in einem fort spucken. In Julbach war 
nun wieder Ruhe eingekehrt. Aus Dankbarkeit erbaute der Ortspfarrer mit Hilfe 
der Bauern auf dem Berge ein neues Heiligtum, das liebliche Bergkirchlein mit 
den zwölf Stationen des Kreuzweges." 
Damit schloß der Alte. Die Pfeifen waren ausgeraucht, wir wünschten ein¬ 
ander gute Nacht und gingen fürbaß, jeder seines Weges. Bald darauf haben sie 
ein altes Knochenwerk ins kühle Grab geschaufelt und mit ihm ist einer jener alten 
ihre Eigenart bewahrenden Bauern heimgegangen, die in dieser Zeit der Gleich¬ 
macherei immer seltener werden. Er ruhe im Frieden! 
 
2. Der tanzende Totenkopf von Grafenau oder der Fluch der Mutter. 
(Von Johann Sigl in Niederkappel.) 
 
Zur Volkskunde gehört auch die Kenntnis der Volkssagen. Eine der bemerkens¬ 
wertesten Volkssagen des oberen Mühlviertels ist gewiß die nun folgende. Sie 
wurde auch in den Vierziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts von dem Gastwirt 
und Fleischhauer in Niederkappel, Donabauer, dichterisch behandelt. 
Grafenau, der Schauplatz dieser Sage, ist ein uraltes Fischer- und Schifferdorf 
in der Gemeinde Niederkappel, in Krieg und Frieden hat dieses Donaudorf schon 
viel erlebt. Die hochgehenden Fluten der Donau beängstigen oft genug die Bewohner 
dieser Ortschaft, auf die auch die gewaltigen Felsblöcke des sehr hohen und steilen 
Uferberges fortwährend drohend herabblicken. Die männliche Bewohnerschaft Grafenaus 
war früher vom Frühling bis zum Herbst größtenteils bei der Schiffahrt angeworben 
und kam dadurch bis in die Türkei. Wenn im Spätherbst wieder Heimkehr gehalten 
wurde, brachte man mit dem ersparten Gelde auch jedesmal viele neue Erzählungen 
mit. Hinter dem Dorfe, befand sich früher an der Donauleite entlang ein schmaler 
See, der der Jungfernsee genannt wurde und von dem noch einige Spuren zu 
bemerken sind. Dies dürfte zur Beurteilung der Sage genügen; und nun zur 
grausigen Sache selbst.
	        
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