Volltext: Erstes Bändchen. Beiträge zur Landes- und Volkskunde des oberen Mühlviertels. (1. 1912)

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Velden" im Gegensatz dazu „Neufelden" genannt. Der Name „Altenfelden" kommt 
zuerst um 1255 vor, der „Neufelden" aber gar erst 1369. Nun begreifen wir, 
warum B. Pillwein in seinem heute wohl etwas veralteten, aber noch immer brauch¬ 
baren Buche „Der Mühlkreis", Linz 1827, S. 268, die Bemerkung hat: „Alten- 
felden, felden, im Elend und auf der Alten. Diese Benennungen kommen 
den alten Urbarien vor und den letzten Namen führen noch jetzt zwei Bauernhäuser 
am Ende des Ortes gegen Neufelden." Die Ableitung „Altenfelden" von „Oln" 
einwandfrei festgestellt zu haben, ist das Verdienst des Herrn Sparkasse-Buchhalters 
Karl Haßleder in seiner Jubiläumsschrift: „Geschichte des Marktes Neufelden in 
Oberösterreich", 1908, S. 15—17. 
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Sagen und Märchen aus dem oberen Mühlviertel. 
(Mit einer Einleitung von Gottfried Vielhaber.) 
 
Eines der schönsten, volkstümlichen Bücher, eine wahre Perle unserer Literatur, 
sind die Kinder- und Hausmärchen, die die auch sonst hochverdienten Brüder Jacob 
und Wilhelm Grimm 1812, also gerade vor 100 Jahren, veröffentlicht haben und 
die heute noch so jugendfrisch sind wie am ersten Tage. 
Das letzte dieser Grimmschen Märchen (Nr. 200) erzählt uns folgendes: 
Zur Winterszeit, als einmal ein tiefer Schnee lag, mußte ein armer Junge hinaus¬ 
gehen und Holz auf einem Schlitten holen. Wie er es nun zusammengesucht und 
aufgeladen hatte, wollte er, weil er so erfroren war, noch nicht nach Hause gehen, 
sondern erst Feuer anmachen und sich ein bißchen wärmen. Da scharrte er den 
Schnee weg und wie er so den Erdboden ausräumte, fand er einen kleinen, goldenen 
Schlüssel. Nun glaubte er, wo der Schlüssel wäre, müßte auch das Schloß dazu 
sein, grub in die Erde und fand ein eisernes Kästchen. „Wenn der Schlüssel nur 
paßt" dachte er, „es sind gewiß kostbare Sachen in dem Kästchen." Er suchte, 
aber es war kein Schlüsselloch da; endlich entdeckte er eins, aber so klein, daß man 
es kaum sehen konnte. Er probierte und der Schlüssel paßte glücklich. Da drehte 
er einmal herum, und nun müssen wir warten, bis er vollends aufgeschlossen und 
den Deckel aufgemacht hat. Dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen 
in dem Kästchen lagen." 
Ich meine, dieses wunderliebe Märchen können wir als Symbol unserer 
Mühlviertler volkskundlichen Forschungen betrachten. Das Kästchen sind unsere Sagen 
und Märchen, unsere alten Volksbräuche, der Schnee, in dem es begraben liegt, 
ist das Alter, die Zeit, die ja auch die Haare bleicht, der Knabe, der das Kästchen 
findet, sind wir Forscher, der Schlüssel unsere Bestrebungen, Arbeiten und Mühen, 
immer mehr einzudringen in den geistigen Besitz unserer Vorfahren und Voreltern, 
das enge Schlüsselloch aber ist der oft zu sehr verschlossene Sinn unserer durch lange 
Jahrhunderte abgeriebenen Bevölkerung, bie in heiliger Scheu und Aengstlichkeit 
ihren Schatz von Ueberlieferungen, Sagen und Märchen vor den Augen anderer 
behütet und bewahrt hat. Einiges ist schon ans Tageslicht getreten, ich brauche nur 
zu erinnern an die fünf höchst verdienstlichen Bändchen: „Sagen aus dem oberen 
Mühlviertel" von L. Sieß, die 1897-1899 im Verlage der Preßvereinsdruckerei 
in Rohrbach erschienen sind, die „Oberösterreichische Sagensammlung" des im vorigen 
Jahre so jäh verblichenen Cisterciensers von Lilienfeld, P. Bruno Rutzersdorfer, 
eines gebürtigen Ulrichsbergers, wird von Fr. Brosch bearbeitet, in allerkürzester 
Zeit herauskommen, ein oder das andere ist in Zeitschriften und Zeitungen enthalten.
	        
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