Volltext: Erstes Bändchen. Beiträge zur Landes- und Volkskunde des oberen Mühlviertels. (1. 1912)

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Am Karsamstag wird die Arbeit zeitig eingestellt und man bereitet sich 
auf das Osterfest vor. 
 
Pfingstsonntag. An diesem Tage darf niemand nähen, sonst schlägt 
das Gewitter ein. 
 
Peter und Paul. Hat es am Sonnenwendtag geregnet, so werden heute 
die Höhenfeuer angezündet. Auch sonst steht man allenthalben Feuer, aber sie sind 
nicht mehr so zahlreich wie am Sonnenwendtag. 
 
Maria Heimsuchung. Es herrscht die Ansicht, daß die Gewitter, die 
an diesem Tage heraufziehen, sehr stark seien. In manchen Häusern werden an 
diesem Tage während eines Gewitters Haselnußzweige unter das Fenster gestellt. 
Als Maria zu Elisabeth ging, soll sie unter eine Haselnußstaude untergestanden 
sein und deshalb schlägt der Blitz nie in eine Haselnußstaude. Auch die Häuser, 
die an diesem Tage Haselnußzweige unter den Fenstern haben, sind vor dem 
Einschlagen gefeit. , . . , 
 
Gewitter. Es ist natürlich, daß der Landmann mehr als jemand anderer 
die Gewitter fürchtet. Naht ein solches, so sucht er schnell sein Haus zu erreichen, 
auch wenn er an 10 anderen vorbeilaufen muß. Während des Gewitters wird in 
frommen Familien gebetet, in alter Zeit wurden auch Wettersegen und Beschwörungen 
des Blitzes gesprochen. Den Beginn der Beschwörung bildete der Anfang des 
Johannes-Evangeliums: „Im Anfange war das Wort ... Es wurde Weih¬ 
wasser nach allen Richtungen ausgesprengt, wodurch der Blitz abgehalten werden 
sollte. Auch wurde am Karsamstag eine Flasche Taufwasser nach Hause getragen und 
vor Gewittern in der Nähe des Hauses unter ein Stück Rasen gegossen, was vor 
Blitzschlag sichern sollte. Ferner wird auch dem Ignatiuswasser die Gewalt zu¬ 
geschrieben, den Blitz ferne zu halten. 
 
Aberglaube. Damit bin ich aus den Aberglauben des Volkes gekommen. 
Man muß geradezu staunen, wie abergläubisch das Volk war und zum Teile jetzt 
noch ist. Dieser Aberglaube ist im altgermanischeu Heidentum begründet. Der Ger¬ 
mane und überhaupt die Heiden waren entsetzlich abergläubisch, und selbst das 
Christentum hat den Aberglauben noch nicht ganz ausrotten können. In jedem 
außergewöhnlichen Ereignisse sah man schon ein Glücks- oder Unglückszeichen und 
auf Lächerlichkeiten legte man ein solches Gewicht, daß der Mensch, der etwa 
etwas daran lächerlich fand, als ein Gotteslästerer angesehen wurde. 
Der Aberglaube erstreckte sich besonders auf das Wetter, auf Todesfälle 
und auf das sogenannte „Wenden." Das Wetter ändert sich, wenn der Grünspecht 
gehört wird. Hört man die Maueruhr gehen, so stirbt im Hause bald jemand, 
ebenso wenn beim gemeinsamen Tischgebet eine Pause entsteht. Am häufigsten kam 
der Unfug des „Wendens" vor. Es wurde besonders gegen Warzen, gegen die 
Auszehrung und gegen Viehkrankheiten gewendet. Es kamen dabei wohl auch 
lächerliche Zeremonien vor, aber man legte doch das Hauptgewicht auf das Beten. 
Man schrieb diesem Gebete eine unfehlbare Wirkung zu. Es wurde durch neun 
Tage, fünfzehn Tage verrichtet, und wenn die Krankheit noch nicht behoben war, wurde 
das Gebet noch einmal begonnen, bis die Krankheit geschwunden war. Jetzt geht 
man doch mehr ab von diesem Aberglauben, aber es gibt noch immer Leute, die 
es sich absolut nicht nehmen lassen, daß das „Wenden" doch helfe. 
 
Hopfen. Um Maria Himmelfahrt beginnt die Hopfenernte, sie dauert un¬ 
gefähr drei Wochen. Es ist eine lustige Zeit, wenngleich die Pflege des Hopfens 
große Mühe gekostet und einen großen Zeitaufwand erfordert hat. Im Frühjahr 
müssen alle schädlichen und überflüssigen Triebe sorgsam entfernt, etliche Male das
	        
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