Volltext: Die Ursachen unserer Niederlage

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Die Kriegsvorbereitungen. 
nicht vorbereitet. Deutschland mußte mit der Blockade rechnen, es 
mußte daher für den Krieg große Vorräte won allen Bedürfnissen 
aufstapeln, für die es an das Ausland gewiesen war. Das war eben¬ 
falls nur dann möglich, wenn der Kampf für bestimmte Zeit in 
Aussicht stand. 
So sieht man in der sonst immer und überall so vorzüglich 
geleiteten deutschen Heeresrüstung wie nachteilig das Fehlen der 
ersten Voraussetzung jedes großen Erfolges in Politik-Krieg wirkt, 
das Fehlen des politischen Genius. 
Noch schärfer mußten sich diese Folgen in Österreich-Ungarn ein¬ 
stellen, wo die inneren Verhältnisse an sich die Durchführung jeder 
guten Kriegsrüstung erschwerten. Wir finden hier daher auch die¬ 
selben Mängel wie bei den Deutschen, nur in viel höherem Grade. 
Von einer Ausnützung der Volkskraft war keine Rede. Nur ein 
Bruchteil der Tauglichen hatte die ganze Last der Blutsteuer zu tragen. 
Diese Leute hatten bis in den Landsturm hinein, also bis ins 42. Lebens¬ 
jahr damit zu rechnen, im Kriegsfälle in der Front verwendet zu 
werden. Eine Erhöhung der Rekrutenzahl oder gar die Heran¬ 
ziehung aller Taugliche n zum Waffendienste — wie im „neu¬ 
tralen" Belgien — war bei den trostlosen innerpolitischen .Verhält¬ 
nissen ausgeschlossen. Fst doch, wie bereits einmal erwähnt wurde, 
die so nötige Verstärkung der Feldartillerie daran gescheitert, daß 
die Ungarn die dazu nötige Erhöhung der Rekrutenzahl durchaus 
nicht bewilligen wollten, und daß Österreich und die Heeresverwal¬ 
tung es auch da nicht verstanden, ihren vernünftigen Willen durch¬ 
zusetzen. 
Die geringe Rekrutenzahl und die steten Klagen über die großen 
Kosten der Heeresrüstung verhinderten die Vermehrung der Zahl der 
Truppen- und tzeereskörper. Trotz der geringen Rekrutenzahl und 
dem geringen Friedensstand sammelten sich in dem zu engen Rahmen 
der bestehenden Regimenter infolge der langen Reservedienstpflicht 
große Massen von oft nur notdürftig ausgebildeten Wehrmännern. 
Ein Stabsoffizier des bosnisch-herzegowinischen Infanterie¬ 
regiments Nr. 3 erzählte mir während der Fahrt an die Front im 
August 1914, daß sich in Osenpest über 10000 Mann seines Regi¬ 
mentes angesammelt halten, die im Regimente keinen Platz fanden. 
Auch die anderen Regimenter des 4. Korps hatten ähnlichen Uber¬
	        
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