Die Kriegsvorbereitungen.
fchen überlegen. Auch in der Munitionsausrüstung hatte man sich
schwer vergriffen. Schon der Krieg von 1870/71 hatte gezeigt, daß
man die Infanterie zu reich, die Artillerie zu schwach mit Munition
versorgt hatte?) Damals war das deutsche Geschütz dem französischen
weit überlegen, weshalb sich keine Folgen zeigten. Im Weltkriege war
aber das reicher ausgestattete französische Material dem deutschen auch
noch an Wirkung überlegen, daher kam die Zusammenstellung: wenig
Wirkung und wenig Munition scharf zur Erscheinung.
Die hochentwickelte deutsche Technik und die leistungsfähige In¬
dustrie waren nicht planmäßig zur Vorbereitung des Krieges herange¬
zogen worden. Der staatsmännische Blick hatte gefehlt, der erkannt
hätte, daß der kommende Weltkrieg über die Weltgeltung des deutschen
Volkes entscheiden werde, der Wille des Staatsmannes war nicht vor¬
handen, der alle Kräfte des deutschen Volkes, auch die Technik, für
den Erfolg in diesem Daseinskampf entfesselte.
In den letzten siegreich geführten deutschen Kriegen fiel ein großer
Anteil an den einzigartigen Erfolgen der Wirkung eines neuen, das
erstemal auftretenden Kriegsmittels zu: 1866 dem Hinterladgewehre,
1870 dem Hinterladgeschütz.
In den Weltkrieg trat das sonst so erfindungsfrohe Deutschland
ohne verblüffend wirkenden „clou“, denn auch die panzerbrechenden,
sehr beweglichen Mörser waren österreichisch-ungarischer Herkunft und
in zu geringer Zahl vorhanden. Sie wurden in Belgien auch zu spät
eingesetzt. Die 42 eio-Haubitze kam sowohl der Zahl als auch ihrer ge¬
ringen Beweglichkeit wegen für die raschen Einleituugskämpfe nicht
in Betracht.
*) General der Artillerie von Stein irrt sich, wenn er sich in seinen ^.Erleb¬
nissen und Betrachtungen aus der Zeit des Weltkrieges" Seite 92 und 93 auf den
Deutsch-französischen Krieg beruft, um die Munitionsausrüstung des Heeres zu be¬
gründen. Ich hatte vor dem Kriege anläßlich eines Etappenkriegsspieles Gelegenheit,
dem Chef des Generalstabes nachzuweisen, daß wir zu viel Infanterie- und zu wenig
Artilleriemunition vorbereitet hielten. Ich berief mich dabei auf das Beispiel des
Deutsch-französischen Krieges, in dem die Jnfanteriemunitionskolonnen kaum zur Hälfte,
die Artilleriekolonnen aber einmal ganz geleert worden waren. Ich schloß daraus,
daß man vor allem die im Kriege nur schwer in großen Massen nachzuerzeugende
Artilleriemunition in reichem Maße fertig und halbfertig vorrätig halten sollte, sich
dagegen bezüglich der Jnfanteriemunition auf die Massenerzeugung im Kriege aus
bereitgehaltenen Vorräten (Pulver, Blei, Messing) einrichten solle. Meine damaligen
Darlegungen wurden nicht beachtet; wir gingen daher mit völlig unzureichender Ge¬
schützmunition in den Kampf.