Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

den Marschall Fürsten Paskiewitsch beweisen, bildete die 
eigentliche Sorge des Zaren sein polnisches Königreich, 
in welchem ein erheblicher Teil des Adels mit den Ungarn 
sympathisierte. Die in Oberungarn gebildete polnische Le¬ 
gion, der Eintritt der gefürchteten polnischen Revolutions¬ 
soldaten, der Generäle Bern und Dembinski in das von 
Kossuth gebildete Heer ließen ihm die Niederwerfung der 
ungarischen Revolution als eine Hauptaufgabe seiner rus¬ 
sischen Politik erscheinen. Das Geschick des Fürsten Win- 
dischgrätz, den Nikolaus persönlich hochschätzte, bestärkte 
den Zaren in der Erkenntnis von der Notwendigkeit rus¬ 
sischer Hilfe für die österreichische Monarchie. So wollte 
Nikolaus vor allem zur Sicherung gegen den Polenaufstand 
die polnische Provinz Österreichs, Galizien, besetzen. Von 
einer Intervention in Ungarn wollte er zunächst nichts 
wissen. „Die Österreicher wollen den Brand durch fremde 
Hände löschen, aber ich will nicht“, schrieb er zu Anfang 
April an seine Gattin. Aber schon am 20. April verstän¬ 
digte ihn sein Gesandter in Olmütz, daß ein Hilfegesuch 
Österreichs bevorstehe. Der Entschluß hierzu wurde Schwar¬ 
zenberg begreiflicherweise sehr schwer. Noch kurz vorher 
hatte der Oberbefehlshaber General von Weiden selbst den 
Gedanken der militärischen Hilfe Rußlands mit der Be¬ 
gründung abgewiesen: „Die Hilfe Rußlands von der öster¬ 
reichischen Regierung selbst erbeten, würde eine voll¬ 
kommene moralische Niederlage der letzteren, das Be¬ 
kenntnis der Ohnmacht vor ganz Europa sein und könnte 
nur im alleräußersten Falle, wenn nämlich der Bestand 
der Monarchie auf dem Spiele stände, sich rechtfertigen 
lassen.“ 
So fühlte die große österreichische Armee, natürlich aus 
anderen Gründen auch die weiten Kreise der bürgerlichen 
Bevölkerung in Wien und in Österreich überhaupt und des¬ 
halb fiel dem Ministerpräsidenten der endgültige Ent¬ 
schluß hierzu um so schwerer, als gerade kurz vorher, am 
3. April, der Feldmarschall Radetzky die piemontesische 
Armee bei Novara vernichtend geschlagen hatte, so daß 
Karl Albert zugunsten seines Sohnes Viktor Emanuel un¬ 
mittelbar darauf abdankte. Auf die Friedens Verhandlungen 
mit letzterem mußte natürlich ein Hilferuf Österreichs be¬ 
lastend wirken. Aus alledem läßt sich ermessen, wie tief 
die Hoffnungen auf schnelle Überwindung der ungari- 
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