Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

suchte. Daß der junge Franz Joseph aber nicht bloß die 
physische Tapferkeit des jungen Offiziers, als der er er¬ 
zogen worden, besaß, sondern auch ein bei dem jungen 
Souverän erstaunliches Maß von „Zivilcourage“, hatte er 
bald nach seinem Regierungsantritt vielfach Anlaß zu be¬ 
weisen. Gerade diese Fälle zeigen aber, daß sein mora¬ 
lischer Mut im wesentlichen als eine den reiferen Jahren 
vorauseilende Anlage zu kühler Besonnenheit aufgefaßt 
werden muß, die verbunden war mit einem gewissen Gleich¬ 
mut, den Emotionen nur schwer aus 'dem Gleichgewicht 
bringen und den viele Zeitgenossen schon in dem jungen 
Manne mit Herzenskälte gleichsetzten. Auch darin hat 
ihm allerdings Felix Schwarzenberg sozusagen unbewußt 
als Vorbild gedient. Denn nichts war in diesem Manne so 
erstaunlich wie die nötige Selbstbeherrschung und eisige 
Ruhe, mit der er Gegnern gegenübertrat, aber auch man¬ 
chen Freunden den Rücken wendete. Diese Eigenschaften 
waren bei Schwarzenberg durch ein an seelischen Erschüt¬ 
terungen und Wagnissen reiches Leben erworben. Erstaun¬ 
licher waren sie beim jungen Kaiser. Daß Franz Joseph in 
dieser Hinsicht seiner Umgebung als seinen Jahren weit 
überlegen erschien, wird vielfach berichtet. Kaiser Niko¬ 
laus schreibt an seine Gemahlin nach seiner ersten Zu¬ 
sammenkunft mit Franz Joseph am 23. Mai 1849 über ihn : 
»Je Tai trouve fort grand et developpe, sans etre beau. 
II a une charmante et interessante figure qui previent 
en sa faveur, beaucoup de calme et quelque chose de pro- 
fond et de severe dans Fexpression de sa figure. Plus que 
je le vois, plus je l’entends, plus je suis etonne de sa 
raison, de sa solidite et de la rectitude de ses idees. 
Gest un bonheur pour l’Autriche de le posseder.« 
Eines war den höfischen Kreisen von vornherein klar. 
Dem jungen Kaiser werde gewiß nicht das nötige Herr¬ 
scherbewußtsein fehlen, sobald er einmal wirklich Herr 
in seinem Reich geworden war. Das war er aber keines¬ 
wegs, als er den Thron bestiegen hatte. Vorher mußte in 
Italien zugleich die Revolution und der äußere Feind — 
die eingedrungene Heeresmacht Piemont-Sardiniens — be¬ 
siegt sein. Zugleich aber mußte die Rebellenarmee, die 
Kossuth und seine Regierung in Ungarn erstaunlich rasch 
auf die Beine stellten und ständig vermehrten, bezwungen 
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