Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

mit dem jungen Kaiser gelangen, den sein Amt in ununter¬ 
brochener, pflichtmäßiger Verbindung mit dem Kaiser er¬ 
hielt, der, wie man in Wien zu sagen pflegt, „ohnehin alles 
von ihm wissen mußte“. Dennoch kann man nicht be¬ 
haupten, daß Graf Grünne ein Favorit im eigentlichen 
Sinne des Wortes gewesen ist. Einen solchen hat Franz 
Joseph nie gehabt. Grünne war nur der nützlichste, ge¬ 
wandteste, vertrauenswürdigste militärische und persön¬ 
liche Diener des Kaisers. Der bedeutende Altersunterschied 
erleichterte das Vertrauen und setzte doch von vornherein 
eine gewisse Schranke. 
Vorerst war es unausweichlich, daß bei Franz Joseph' 
unter dem Einfluß des Generaladjutanten die militärischen 
Gesichtspunkte und Interessen in fast allen Dingen über¬ 
mäßig gestärkt wurden und daß Grünne so mithalf, die 
soldatische Grundrichtung des ganzen Denkens Franz Jo¬ 
sephs noch stärker hervorzutreiben, als es diesem ohnedies 
von Knabenzeit an zu eigen geworden war. Als Franz Jo¬ 
seph den Thron bestieg, sandte er besondere Handschreiben 
an die beiden Feldmarschälle in Italien und Ungarn, an 
Windischgrätz und Radetzky, die Paladine des Erzhauses 
in dem furchtbaren Jahre 1848. Darin lag die Anerkennung 
der Tatsache, daß nur auf die Armee gestützt der Thron 
erhalten werden könne. Die Folgerung, die Franz Joseph 
daraus zog, daß auch in Zukunft nur das Heer und seine 
Führer den Thron erhalten könnten, ist zwar bei den im 
Augenblicke seiner Thronbesteigung vorhandenen Zustän¬ 
den leicht begreiflich. Daß aber von den dazu berufenen 
Männern diese Grundanschauung des kaiserlichen Jüng¬ 
lings nicht doch schrittweise in eine tiefere und in An¬ 
betracht der Verhältnisse der neuen Zeit richtigere Auf¬ 
fassung vom Wesen des Staates und der monarchischen 
Institution umgebildet worden ist, bedeutet wohl die ver¬ 
hängnisvollste Unterlassung, die den nächsten Beratern des: 
jungen Monarchen zur Last gelegt werden muß. Da der 
Kaiser überdies von Anfang an von einer immer wachsen¬ 
den Zahl junger Offiziere umgeben war, ist er gerade in 
den für die abschließende Ausbildung des Charakters noch 
so empfänglichen Jugendjahren von den beschränkten und 
einseitigen Auffassungen des Militärs über Staat und Leben 
ganz und für seine Lebenszeit erfüllt worden. 
In dem Weltbilde, das solche Einflüsse in dem Kaiser 
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