Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

nische Armee aus Siebenbürgen hinauswarfen und schnell 
zur Besetzung der Walachei und Bukarest vorwärtsdran¬ 
gen, waren die letzten guten Botschaften, die er noch mit 
hoher Genugtuung vernahm. Sein Zustand verschlimmerte 
sich unablässig. Seit etwa dem 10. November machte man 
sich in seiner nächsten Umgebung mit einem tödlichen 
Ausgange der Lungenentzündung vertraut, zu welcher sich 
sein Leiden ausgebildet hatte. Am 20. November versuchte 
Franz Joseph vergebens mit Aufgebot seiner letzten Kräfte 
die ihm des Morgens überbrachten Aktenstücke zu erledigen. 
Er konnte sein Bett nicht mehr verlassen. Ein quälender 
Husten raubte ihm den Schlaf, er verfiel von Stunde zu 
Stunde. Am 21. November um 9 Uhr abends wurde er von 
seinem Leiden erlöst. Der Thronfolger und des Kaisers 
Töchter sowie seine alten Getreuen umgaben ihn in die¬ 
sen letzten Stunden. Am 30. November 1916 fand die Ein¬ 
segnung der Leiche im Stephansdome statt und von dort 
ging der Trauerzug, voran der junge Kaiser Karl und Kai¬ 
serin Zita mit ihrem ältesten Sohne Otto zu Fuß nach der 
nahen Kapuzinerkirche, wo seit fast dreihundert Jahren 
die Habsburger und Habsburg-Lothringer ihre letzte Ruhe¬ 
stätte finden. Eine riesige Menschenmenge stand ruhig 
und in würdiger Haltung auf dem Wege, den der Trauerzug 
' nahm. Eine eigentliche Trauerstimmung des Volkes war in 
Wien durch den Tod Franz Josephs nicht aufgekommen: 
die furchtbaren Verluste des fortwütenden Krieges, die 
Leiden und die dauernde Unterernährung der Millionen 
der Hauptstadt hatten eine tiefe Gleichgültigkeit der 
Massen hervorgerufen, an der der Tod des Kaisers nicht 
viel änderte, zumal Franz Joseph seit dem Beginn des 
Krieges persönlich vollkommen aus dem Gesichtskreise 
der Wiener Bevölkerung verschwunden war. Mit Franz 
Joseph wurde der letzte herrschgewaltige Kaiser der 
österreichisch-ungarischen Monarchie bestattet. 
Mit ihm, in dessen Schatzkammer die Krone lag, mit 
der jahrhundertelang die deutschen Kaiser des heiligen 
römischen Reiches gekrönt worden waren, war der Letzte 
aus der über ein Jahrtausend sich fortsetzenden Reihe von 
deutschen Herrschern dahingegangen, die mit der Krö¬ 
nung Karls des Großen in Rom ihren Anfang genommen 
hatte. 
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