Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

ihnen angehörigen Truppenteile im Felde durch die von 
England und Italien mit besonderem Eifer organisierte 
Propaganda begann erst im Jahre 1917 wirksam zu werden. 
Die vielfach so unklugen, ja geradezu sinnlosen politischen 
Pläne und bedauernswerten Aktionen des Armeeoberkom¬ 
mandos im Hinterlande, welche die slavischen Völker mehr 
und mehr in tiefste Erregung versetzten, scheint der Kaiser 
persönlich mißbilligt zu haben, aber er hinderte solche 
nicht, wie z. B. den Hochverratsprozeß und die Verurtei¬ 
lung des Führers der Tschechen im Wiener Reichsrate, des 
Dr. Karl Kramär. Franz Joseph glaubte, er habe durch 
die Übertragung aller Vollmachten an das Armeeober¬ 
kommando sich selbst die Möglichkeit zu eigenem Handeln 
in allen die Heerführung betreffenden Angelegenheiten 
abgeschnitten. 
Während dieser beiden Jahre verweilte der Kaiser ohne 
jede Ortsveränderung im Schlosse Schönbrunn. Er empfing 
seine Minister und Generäle, den Kabinettsdirektor regel¬ 
mäßig wie seit vielen Jahrzehnten. Auswärtige Besuche 
empfing er selten. Eine besondere Freude bereitete es ihm, 
als der deutsche Generalfeldmarschall Mackensen vor dem 
Beginne des Feldzuges gegen Serbien sich bei ihm in 
Schönbrunn meldete. Er fand an der männlich schönen, 
martialischen Erscheinung und dem echt deutschen Wesen 
dieses sympathischsten und erfolgreichsten deutschen Heer¬ 
führers hohen Gefallen, er lud ihn persönlich sogleich zu 
Tische und verbrachte mehrere Stunden mit ihm; später 
sagte er dann zu seinem Generaladjutanten: „Mit solchen 
Männern macht man keine bösen Erfahrungen.“ Den neuen 
Thronfolger, seinen Großneffen Erzherzog Karl, hatte er 
während der ersten Monate des Krieges dem Armeeober¬ 
kommandanten zur Seite gegeben, ließ ihn aber im Früh¬ 
ling nach Wien zurückkehren und mit seiner Familie im 
Schönbrunner Schlosse Wohnung nehmen. Das Zusammen¬ 
sein mit Erzherzogin Zita und deren Kindern bot dem alten 
Herrscher zeitweise Zerstreuung und erfreulichen Um¬ 
gang. Franz Joseph hatte viel Sympathie „für den jungen 
Thronfolger, dessen bescheidene und dem Kaiser gegen¬ 
über stets verehrungsvolle Haltung ihn sehr beglückte. „Er 
ist ein guter Bursch“, sagte er wiederholt zu seinen näch¬ 
sten Vertrauten. Zu den Regierungsgeschäften zog der 
Kaiser auch diesen dritten seiner Thronfolger nicht her¬ 
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